COMICOSKOP - Unabhängiges E-Fachmagazin für Comic-Kultur & Bildgeschichte

Herausgegeben und gegründet von Martin Frenzel                      Online seit Dezember 2014 / Chefredakteur: Martin Frenzel

Marianne und die Germania wagen eine Tänzchen miteinander: Cartoon aus der Feder Tomi Ungerers von 1992 über sein Lebensthema / (c) Tomi Ungerer & Tomi Ungerer Museum Straßburg (Internationales Zentrum für Illustration).

Der Eulenspiegel aus dem Elsass lebt nicht mehr

Lausbub mit Lästermaul, Libido und Lust am Larifari:  Das Elsässer Enfant Terrible Tomi Ungerer stirbt mit 87 auf der grünen Insel

Ihm saß stets der Schalk im Nacken: Mal frech-frivol, mal gallig-bitterböse - Tomi Ungerer... (c) Foto untere Leiste ganz li und ganz re:    © Claude Truong-Ngoc / Wikimedia Commons  /Foto unten Bildmitte: / (c)  Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

Sanfter Subversiver, frivoler Provokateur und Meister des Makabren: Weltoffener Witzemacher des schwarzen Humors, scharfer Gesellschaftskritiker und heimatverbundener Spötter aus Leidenschaft / Kinderbuchautor der anderen, besonderen Art / Ein Leben zwischen Straßburg, Cork (Irland) und New York / In der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2019 auf seiner Wahlheimat-Insel Irland verstorben / Seit 2007 eigenes sehenswertes Tomi Ungerer-Museum in seiner Heimatstadt Straßburg / Ungeheure Schaffenskraft: über 150 Bücher für Kinder und Erwachsene, in 28 Sprachen weltweit übersetzt / Frankreichs Staatspräsident Macron schlug ihn noch im letzten Jahr zum  Kommandeur der Ehrenlegion / Weltweite Gesamtauflage: 17 Millionen Exemplare

Von unserem COMICOSKOP-Mitarbeiter Klaus Albeck

Sanfter Subversiver, frivoler Provokateur und Meister des Makabren: Tomi Ungerer in mitteljungen Jahren / Foto: (c) Tomi Ungerer Museum Straßburg

Liberté, Egalité, Beaujolais – wohl kaum eine flott-flapsige Maxime hätte besser zu ihm gepasst als diese eine: Er war ein ganz Großer seines Metiers, alles andere als mainstream, galt nicht ohne Grund als „Picasso der Karikatur“, als ein Enfant Terrible des Frivolen, Makabren und schwarzen Humors, als Anarchist und Menschenfreund, Persönlichkeit mit Eigensinn, als grafischer Erzähler der besonders bissigen Art… „Humor ist eine Waffe“, sagte er einmal. Er war von enormer Schaffenskraft, hinterließ ein Oeuvre von weit über 150 Büchern – Bildergeschichten, Cartoons, Karikaturen, Comics, sogar Romane und allerlei Kinderbücher… seine Werke wurden in 28 Sprachen der Welt übersetzt. Ungerer hat etwa 40.000 Zeichnungen, über 300 Plakate, Dutzende Ölbilder, Lithographien und Skulpturen geschaffen. Die erotische Provokation avancierte zu seinem Markenzeichen - jedoch immer verknüpft mit Ironie oder scharfem Witz. "Jeder Mensch ist ein Abgrund" - diese weise Erkenntnis Georg Büchners übernahm Ungerer als roter Faden in seinen Arbeiten...

Tiefe Einblicke: Tomi Ungerers Blick auf Amerika und die Erotik / Bilder: (c) Tomi Ungerer, Tomi Ungerer Museum Straßburg und Diogenes Verlag, Zürich.

Jetzt ist der Mann, den man wahlweise den „Revolutionär im Kinderzimmer“ oder „den bösen Menschenfreund“ nannte, ist der Zeichner und Buchillustrator in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2019 in seiner irischen Wahlheimat in Cork im Hause seiner Tochter friedlich im Alter von 87 Jahren verstorben.

Oben: Ungerers legendäres Polit-Plakat "Kiss for Peace" (c) Tomi Ungerer / Tomi Ungerer Museum Straßburg / Unten: Cover der beliebten Kinderbücher des Elsässers (c) Tomi Ungerer & Diogenes Verlag, Zürich.

Tomi Ungerer erblickte am 28. November 1931 im elsässischen Straßburg das Licht der Welt. Schon seine Lehrer attestierten ihm, "pervers und subversiv" veranlagt zu sein... Nach verpatzter Reifeprüfung, einem schnell gescheiterten Militärdienst als berittener Soldat bei den französischen Sahara-Truppen in Algerien (1952), trampte er dafür durch ganz Europa, veröffentlichte erste Zeichnungen im ›Simplicissimus‹.  In New York begann 1956 - mit nur 60 Dollar in der Hosentasche - sein unaufhaltsamer Aufstieg als Illustrator, Kinderbuchautor, Zeichner und Maler.

Zwischen Schabernack, Nonsens und Zynismus on the rocks: Tomi Ungerer / Foto: (c) Phaidon Verlag

Gegen Rassismus und Krieg: Politische Plakat-Kunst Tomi Ungerers aus seiner US-Phase / (c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg.

Ungerer war zeitlebens ein Wanderer zwischen den Welten, ein Entwurzelter mit (elsässischen) Wurzeln (wie er es selber ausdrückte): der französischen und der deutschen Kultur (oder, was die deutsche Seite in der NS-Zeit angeht: Unkultur), zwischen Frankreich und Irland, Europa und Nordamerika (lange lebte er in New York und Kanada).

"Revolutionär im Kinderzimmer“ oder „böser Menschenfreund“?

Irgendwie war er, wie Kritiker (in der FAZ oder in der Neuen Züricher Zeitung unisono konstatierten) immer ein ewig Getriebener. Getrieben und ein Mensch voll innerer Unsicherheit. Tomi Ungerer wörtlich: „Ich arbeite schnell. Jede Zeichnung ist ein Blitzkrieg. Ich habe einfach zu viele Ideen, die rausmüssen.“

 Seit 1976 pendelte er - mit seiner dritten Frau im Alters-Exil Irland lebend – zwischen der grünen Insel und „seinem“ Straßburg… war bis zuletzt aktiv, etwa, als er im Dezember 2018 in Paris eine große Werkschau seiner Arbeiten eröffnete… Von 1979 an gab es über einhundert Tomi Ungerer-Ausstellungen weltweit zu sehen… Er war sich aber - frei von Star-Allüren - nicht zu fein, auch mit andern Künstlern gemeinsam auszustellen, so etwa mit Klaus Staeck in der Darmstädter Kunsthalle 1986.

Hang zum Frivolen und Sinnlichen: Beim "Kamasutra der Frösche" war Tomi Ungerer voll in seinem Element / Bilder: (c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg / Cover in der Mitte: (c) Tomi Ungerer & Diogenes Verlag, Zürich.

2011-2012 zeigte das Frankfurter CARICATURA-Museum für Komische Kunst zu Tomi Ungerers 80. Geburtstag eine sehenswerte Retrospektive: SATIRICON - Das satirisch-komische Werk, kuratiert von Bernd Fritz / Bilder: (c) Tomi Ungerer & Caricatura - Museum für Komische Kunst Frankfurt am Main.

"Kompromisse" (so der Titel dieses Ungerer-Cartoons): Aus der Frankfurter Schau SATIRICON im Caricatura-Museum für Komische Kunst / Bild: (c) Tomi Ungerer & Caricatura-Museum für Komische Kunst, Frankfurt/Main.

Ungerer machte auch als Autor und Illustrator von Kinderbüchern von sich reden, etwa mit den Bestsellern "Der Mondmann" und "Die drei Räuber" (beide später verfilmt).

»Bei weitem eins der besten Bilderbücher«, so urteilte ein Maurice Sendak über den Klassiker "Der Mondmann"...

Aber in diesen Kinderbüchern ging es oft um Fressen und Gefressenwerden... "harmlos" waren seine Kinderbücher nur auf den ersten, grafischen Blick. Man müsse, rechtfertigte sich Tomi Ungerer gegenüber seinen pädagogisch besorgten Unkenrufern, den Kinder zeigen, die Welt wirklich sei, sie darauf vorbeiten, ihnen deswegen "ein wenig Angst machen".  Im Übrigen hätte die Kinder unter seinen Lesern gar keine Angst vor seinen Geschichten, sondern nur die Erwachsenen.

Klassiker der Kinderbuchliteratur: Tomi Ungerers "Der Mondmann" / (c) Tomi Ungerer & Diogenes Verlag Zürich.

 Scharfzüngige, häufig Bilderbücher für Erwachsene gerieten zu seinem Markenzeichen. Er war aber auch ein hochpolitischer Virtuose der Plakatkunst und ein begnadeter Erotomane, ein „Sexmaniac“ (so eins seiner Erwachsenen-Bilderbücher von auch wenn er nicht müde wurde zu betonen, er halte uns, seinen Lesern, lediglich den Spiegel der Lüsternheit vor… betreibe lediglich "erotische Satire". Ungerer wörtlich: „Mein Motto war immer: Erst bumsen, dann zeichnen.“

Erotische Satire à la Ungerer (c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

Mit nicht nur einer, sondern vielen spitzen Federn: Tomi Ungerer / Foto: (c) Phaidon Verlag

Vor allem aber prägte ihn eine unermüdliche Schaffenskraft. Er habe damit, wie er in einem Interview einräumte, „seine Unsicherheit“ überspielen wollen. Hinter der Maske des makabren Hofnarren verbarg sich ein feinfühliger Mensch voller Weltschmerz, der oft genug an der Welt, wie sie war, verzweifelte… „Ich gebe mich als gebildet und bleibe doch ein ewiger Dilettant“, so der Mann, der nicht zuletzt in seiner Amerika-Zeit Umgang mit allen führenden US-Intellektuellen und der dortigen High Society pflegte. 

Zwischen Erotoscope und Newsweek-Titelbild (c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

In einem Gespräch mit der Wochenzeitung DIE ZEIT sagte Ungerer einmal „Wie kann man mit Hoffnungslosigkeit in der Welt hoffen? Ich trage den Weltschmerz auf meinen Schultern. Diesen kann ich nur besiegen, indem ich aktiv bin. Ich kann sagen, die Hälfte meines Lebens und meiner Arbeit sind für gute Dinge. Man braucht nur krebskranke Kinder in einem Spital zu besuchen. Das sollte jeder Mensch einmal gemacht haben. Jedem Menschen mit einer Depression sollte man sagen: Nein, geh nicht zu einem Psychiater, geh auf eine Station mit krebskranken Kindern. Dann wirst du sehen, was für ein Glück du doch hast.“

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

1961 erschien „Tomi Ungerers Weltschmerz“, 1982 sorgte er mit seinem Bilderbuch für Erwachsene „Das Kamasutra der Frösche“ für Aufsehen.

In München stiftet  Ungerer Bekanntschaft mit Daniel Keel, dessen Züricher Verlag Diogenes die Mehrzahl von Ungerers Büchern publizieren wird.

 Ungerers Hausverlag, der Züricher Diogenes Verlag, publizierte seit 1960 nahezu das gesamte Lebenswerk des Zeichners und Geschichten-Erzählers.

Ungerer arbeitet für zahlreiche namhafte Zeitschriften wie "Esquire", "Life", "Holiday", "Harper's Magazin", "The New York Times", aber allen voran auch fürs Intellektuellen-Magazin  "The New Yorker",  zudem arbeitet er auch fürs Fernsehen. Ungerer hat nie ganz verwunden, dass nicht er, sondern seine Generationsgenosse Sempé zum europäischen Stamm-Zeichner des "New Yorker" auserkoren wurde... Das tat seinem Welterfolg aber keinen Abbruch, im Gegenteil...

 

 Der Branchendienst "Buchreport" schreibt: "Zuletzt erschien von ihm u.a. der Katalog zur großen Ausstellung “Incognito” (Kunsthaus Zürich 2015, Museum Folkwang Essen 2016) mit Zeichnungen, Collagen und Plastiken. Seine Werke verkauften sich weltweit in über 17 Millionen Exemplaren.

 

Als Ungerers “Vermächtnis” stellt Diogenes laut "Buchreport" das Bilderbuch “Non Stop” in Aussicht, das Ende April 2019 erscheinen soll. Es handele sich um eine "Geschichte über Freundschaft, Vertrauen und Menschlichkeit in dunklen Zeiten, für Erwachsene und Kinder”. Ebenfalls für 2019 eingeplant ist der Band “America” mit 300 Bildern aus Ungerers Zeiten in den USA, heißt es im Buchreport.

 

Der Uhrmacher-Sohn Tomi Ungerer, der als Jean-Thomas das Licht der Welt sah, hat aber nicht nur zahllose Bücher geschrieben und illustriert, sondern er hinterließ auch um die 40 000 Zeichnungen, über 300 Plakate, Dutzende Ölbilder, Lithographien und Skulpturen.

Abb 1 und 2 ganz oben: Tomi Ungerers "Das große Liederbuch" (c) Tomi Ungerer & Diogenes Verlag Zürich / Alle anderen Abb: Tomi Ungerers erstes Kinderbuch "The Mellops go flying" geriet auf Anhieb zum Welterfolg (c) Tomi Ungerer &  Verlag Phaidon resp. det. Ausgabe: Diogenes Verlag, Zürich.

Geriet zum Bestseller bei den Deutschen: Tomi Ungerers "Das große Liederbuch"... / Cover: (c) Tomi Ungerer & diogenes Verlag, Zürich.

Ungerer gehörte zu den wenigen Künstlern in Frankreich und Europa, denen man bereits zu Lebzeiten ein eigenes Museum widmete. Seit 2001 gibt es in Straßburg ein Tomi Ungerer-Museum, seit dem Umzug 2007 in die prachtvoll-geräumige Villla Greiner ist es jedoch  ungemein sehenswert, facettenreich und von internationalem Format. Allein etwa 8.000 Zeichnungen, Plakate, Grafiken und Skulpturen sind dort zu sehen.

Bereits 1988 schuf Tomi Ungerer - eingedenk der Janusköpfigkeit der zwei elsässischen Seelen in der Brust - zur 2000-Jahr-Feier seiner Geburtsstadt Straßburg Fontaine de Janus - eine Bronzefigur des Janus, deren Kopf aus dem Springbrunnen guckt, während dahinter drei Pfeiler eines römischen Aquädukts emporragen...

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

Bekannt geworden ist der wohl bekannteste Elsässer der Welt vor allem mit seinen Kinderbüchern wie die „Die drei Räuber“. In Deutschland gilt zudem „Das große Liederbuch“ - eine illustrierte Sammlung von Volks- und Kinderliedern - seit Jahren als Renner. Ungerer: „Die Kinderbücher waren für mich immer so eine Art von Nebengeschäft, für meinen Spaß.“

NICHT SCHLECHT: Zum "schlechtesten" Kinderbuch des Jahres gekürt: Kein Kuß der Mutter von Tomi Ungerer... / (c) Tomi Ungerer & Diogenes Verlag, Zürich.

Die drei Räuber von Tomi Ungerer im (Trick-)Film / (c) Verleih & Tomi Ungerer

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

Einen großen Teil seines Werks machen denn auch politische Zeichnungen aus. Während seiner Zeit in den USA in den 1950er und 1960er Jahren geißelte Ungerer mit seinen Karikaturen den Vietnamkrieg und die den Rassismus der Südstaaten. Berühmt wurde er mit seinen beiden Plakaten “Kiss for Peace“ (auf dem ein vietnamesisches Opfer von einem GI gezwungen wird, den Allerwertesten der mit dem Union Jack notdürftig bedeckten, sich bückenden Freiheitsstatue zu lecken) und Black Power White Power (auf dem ein Schwarzer und ein Weißer sich in einander verbeißen)… Die Gesellschaftssatire gelang ihm derart gut und treffsicher, dass er zeitweilig sogar ins Visier des FBI geriet.

Ungerers legendäres Kino-Filmplakat für Stanley Kubricks "Dr Strangelove oder Wie ich lernte die Bombe zu lieben" mit Peter Sellers in der Hauptrolle  (c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg / Columbia Pictures

Er fertigte überdies Kino-Plakate u. a. für die legendären Star-Regisseure Stanley Kubrick (Dr. Seltsam) und Otto Preminger. In seiner New Yorker Zeit bildete er mit dem Schriftsteller Philip Roth in einem Ferienhaus auf Long Island eine Wohngemeinschaft. Zu seinen weiteren literarischen Freunden gehörten namhafte US-Autoren wie Tom Wolfe und Saul Bellow. Mitte der 1960er Jahre schockierte Ungerer mit den Cartoon-Büchern „Geheimes Skizzenbuch“ und nicht zuletzt „The Party“, in denen er auf drastisch-satirische Weise die New Yorker Schickeria durch den Kakao zog. 1969 kam Fornicon heraus, das später in England verboten wurde. Seine Karikaturen stellten Potenzwahn, Sexismus und Gier bloß… Zwei Jahre später, 1971, verließ Ungerer die USA nach fünfzehn Jahren...

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

Zurück in Europa - nach Jahrzehnten in New York und Kanada lebte er seit 1976 mit seiner dritten Frau in Irland - setzte er sich für die deutsch-französische Freundschaft ein, bekam dafür das Bundesverdienstkreuz. Mehr noch: Ungerer erhielt zahlreiche Auszeichnungen, so etwa 1983: den Jacob-Burckhardt-Preis der Johann-Wolfgang-Goethe-Stiftung in Basel. 1992 ernannte man ihn zu einem der 500 World Leaders of Influence - durchs American Biographical Institute. 1995 erhielt er Frankreichs „Großen Nationalpreis für Graphik“, 1998 folgte der Internationale Hans-Christian-Andersen-Preis, 2001 ehrte man ihn als Offizier der französischen Ehrenlegion. Er bekam aber auch 2002 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, 2003 den „Erich Kästner Preis für Literatur“ der Münchner Erich Kästner Gesellschaft e. V., 2005 den e.o.plauen Preis. 2017 nahm Tomi Ungerer gar den „Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten“ im Rahmen des Bayerischen Buchpreises entgegen und zuletzt beförderte ihn Staatspräsident Macron 2018 zum Kommandeur der Ehrenlegion (Commandeur dans l’ordre national de la Légion d’honneur‹ durch den französischen Präsidenten). Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann verlieh ihm – ebenfalls 2018 – die ›Ehrenprofessorwürde‹ von Seiten des Staatsministeriums Baden-Württemberg.

 

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

(c) Tomi Ungerer & Galerie Christophe Fleurov

1989 schuf Tomi Ungerer zum 200. Jahrestag der Großen Französischen Revolution (1789-1799) unter dem Titel "Liberté, Egalité, Fraternité" ein kongeniales, bitterböses und luzides Portfolio, das sich wie ein Vermächtnis des Künstlers und ein historisch-moralisches Lehr- und Schauerstück liest.

(c) Tomi Ungerer & Galerie Christophe Fleurov

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

Im Sommer 2010 stellte er für eine Ausstellung in der Gedenkstätte KZ Osthofen bei Worms ausgewählte Grafiken und Zeichnungen seiner Kindheits- und Jugendzeit zur Verfügung.

 

Dort waren jene tief traumatischen Zeichnungen zu sehen, die der kleine Tomi von der deutschen Besatzungszeit des Elsass unterm Hakenkreuz malte. Der überzeugte Europäer Ungerer dazu: „Wir Elsässer können einen guten Beitrag beim Zusammenwachsen Europas leisten: Wir hassen Arroganz und Gewalt, wir haben lange gelitten, aber jetzt sind wir der Brückenkopf zwischen Frankreich und Deutschland.“ Mehr noch: „Elsässer Luxus. Wir, die Elsässer, haben ein gutes Gewissen. Unser Humor ist nicht mit Schuld besudelt, auch wenn er schwarz ist.“

 

ELSÄSSISCHE DOPPEL-KULTUR - ZWISCHEN MARIANNE UND GERMANIA: Tomi Ungerer saß buchstäblich zwischen allen Stühlen... (c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

Residiert in der Straßenburger Villa Greiner: Das neue, seit 2007 bestehende große Tomi Ungerer Museum - Zentrum für internationale Illustration, Cartoon, Comic und Karikatur... (c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

Erst vor kurzem hatte der Meister der führenden US-Comicfachzeitschrift The Comics Journal und ihrem Herausgeber Gary Groth ein Interview gegeben - Überschrift: "The Fear and Anger of Tomi Ungerer" (Furcht und Zorn des Tomi Ungerer). Wie sich herausstellte, war es sein letzter Abschiedsgruß an seine alte Wahlheimat Amerika... (Journal-Ausgabe Januar 2019). Tomi Ungerer war ein Tausendsassa und Multi-Talent: Zeichner, Maler, Illustrator, Kinderbuchautor und Werbegrafiker, Schriftsteller, Comic-Zeichner und Cartoonist… Sein Credo als „Aufzeichner“ formulierte er so: „Ich zeichne, was ich aufschreibe, und ich schreibe auf, was ich zeichne, um einen Gedanken klar, kurz und bündig auszudrücken.“

Er blieb zeitlebens ein Lausbub mit Lästerzunge, Libido und Lust am Larifari: Das Elsässer Enfant Terrible Tomi Ungerer war ein sanfter Subversiver, frivoler Provokateur und Meister des Makabren.

(c) Tomi Ungerer und The Comics Journal

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

 Auch mit dem Tod setzte er sich auseinander – in der ihm eigenen Art: „Ich will stehend begraben werden. Mein Grab soll ein Fahrstuhl mit einem Sehschlitz sein, damit ich auf Knopfdruck aufsteigen und über die elsässische Ebene blicken kann.“

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

"Er war nicht nur ein großer Künstler, er verkörperte auch die Komplexität des Elsass, seiner Doppelkultur. Wir haben uns vorgestellt, dass es ewig ist, und jetzt verlässt er uns", zitierte die Zeitung Les Dernières Nouvelles d'Alsace Alain Fontanel, den ersten stellvertretenden Bürgermeister von Straßburg.

(c) Tomi Ungerer und Diogenes Verlag, Zürich.

Schon zu Lebzeiten hatte Tomi Ungerer dank seiner Werke und seines grandiosen Könnens Unsterblichkeit erlangt. Sein Vermächtnis klang in einem Gespräch mit der "ZEIT" denn auch so:  "Ich bin spielerisch, halb Max und halb Moritz. Meine Güte, was ich schon alles angestellt habe! Meine Streiche sind irgendwie kindisch, aber ich schäme mich nicht dafür. Ich muss Spaß haben mit einem Buch, und die Kinderbücher mache ich eigentlich vor allem für das Kind in mir."   Tomi Ungerer war ein Jahrhundertmann, wie es sie nur einmal im Leben gibt. In seinem Werk lebt er weiter.                                KLAUS ALBECK

(c) Tomi Ungerer und Tomi Ungerer Museum Straßburg

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