Bob Lubbers galt lange Zeit zu Unrecht als eher durchschnittlicher Vielzeichner mit beachtlichem Austoß an Comic-Serien. Erst mit großer Verspätung,
entdeckte man nicht zuletzt, dass der Mann ein begnadeter Zeichner war. Kein Foster, Raymond, Caniff oder Hogarth zwar, wohl aber einer der Guten seines Fachs. Genauer gesagt: der RICHTIG GUTEN.
So etwas nennt man wohl einen Spätzünder. Kein Zweifel, Bob Lubbers war der typische Fall von Liebe auf den zweiten Blick.
Er gehörte zur Generation Golden Age der US-Comics – zwischen der Ära Fiction House bis zu seiner ganz eigenen „Good Girl Art“: Bob Lubbers, eigentlich Robert Bartow Lubbers, geboren am 10. Januar 1922 in New York, zählte zu den herausragenden Zeitungscomic- und Pressecomic-Zeichnern seiner Zeit. In Deutschland kennt man ihn vor allem seiner Tarzan-Zeitungscomics wegen, die er von 1950 und 1954 fürs United Feature Syndicate als Nachfolger des überragenden Burne Hogarth fertigte.
Grafisch war Bob Lubbers von Alex Raymond, Hal Foster und Ray Van Buren und deren realistischer Eleganz beeinflusst. Auch Illustratoren wie Al Dorne, George Bridgman und Matt Clark prägten seinen Zeichenstrich.
Nach Tarzan widmete er sich seinem eigenen Zeitungscomic Long Sam (1954-62), in dessen Mittelpunkt eine attraktiv-naive Hinterwäldlerin stand. Texter des Strips war kein geringerer als L’il Abner“-Star Al Capp (später übernahm sein Bruder Elliot Capp das Szenario). Aus Long Sam erwuchs sogar 1956 ein Schlagerlied unter dem Titel "Lonesome and Disgusted" (Einsam und angeekelt). Bei der Figur Long Sam stand die echte Schauspielerin Elizabeth Allen Pate, bekannt aus der 'The Jackie Gleason Show'…
Hier – wie schon bei Tarzan – zeigte sich Lubbers als eleganter Könner des realistischen Zeichenstils – insbesondere schöne Frauen gerieten zu seinem grafischen Markenzeichen, irgendwie war Lubbers, wie ein Kritiker über ihn schrieb, immer auf der Suche nach der Frau.
1959 folgte sein Strip „The Saint“, Big Ben Bolt und vertretungsweise für den jäh verstorbenen Frank Godwin die Serie “Rusty Riley”.
Von 1960 bis 1967 trat Lubbers unter dem Künstlernamen in die Fußstapfen Alex Raymonds: Er zeichnete dessen Agenten-Strip Secret Agent X-9.
1968 erfand Lubbers den Strip „Robin Malone“ um eine verführerisch aussehende, maliziöse junge Witwe, die aber schon nach einem Jahr wieder von der Bildfläche verschwand.
Von 1970 bis 1977 war Bob Lubbers zudem Ghost-Zeichner des großen Al Capp für dessen Evergreen „L’il Abner“.
Doch dieser Lubbers hatte ein spannendes Vorleben, ehe seine Zeitungscomic-Phase begann:
So war er für Pulp Magazine und Comic-Hefte in den frühen goldenen 1940ern tätig: Für Centaur Publishing entstanden aus seiner Feder Serien wie Reef Kincaid, Liberty Scout und The Arrow.
1942 - ein Jahr nach Kriegseintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg - bildete eine Zäsur in Lubbers‘ Leben: Denn da wechselte er zum legendären Verlag Fiction House, avancierte dort sogar zwischen 1945 und 1950 zu dessen Art Director.
Zahlreiche Comic-Hefte aus dem Hause Fiction House schuf er dabei: So zeichnete er Firehair in Rangers Comics, Camilla in Jungle Comics, Señorita Rio in Fight Comics, Captain Wings in Wings. Überdies arbeitete Lubbers auch für die Fiction House-Comicheft-Titel Space Rangers, Rip Carson, Flint Baker und Captain Terry Thunder.
Hier zeigte sich nicht zuletzt Lubbers Sinn für sinnliche, nicht selten gefesselte (!) Frauen – Beweis dafür, dass nicht nur Wonder Woman in jenen Golden Forties häufiger in Fesseln lag…
Eine Anekdote aus jener Fiction House-Frühphase besagt, dass eines Tages ein junger vergebens seine Aufwartung machte: Es war dies der blutjunge Frank Frazetta, dessen Riesentalent Lubbers sehr wohl sah…
Lubbers musste, wie viele seiner Generation (Will Eisner etwa) dann zur Armee, erlebte die Endphase des Zweiten Weltkriegs in Diensten der US Air Force bei einer Transportlogistik-Einheit mit.
Für DC Comics leistete sich Lubbers einen kurzen Ausflug zurück ins Comic Book Business mit Blick auf "The Vigilante" feature in Action Comics. Auch schuf er Westerncomic-Hefte für Pines (Standard/Nedor) in den 1950er Jahren. Selbst für Marvel Comics gab es -1978 – ein Gastspiel bei der Serie „The Defenders“ Nr.61 (Juli 1978) und fürs Comic-Heft „The Human Fly“ Nr. 16–17 (von Dezember 1978 bis Januar 1979).
Es dauerte lange, ehe man Bob Lubbers so richtig für sein Lebenswerk würdigte – in Europa erhielt Lubbers erst 1998 auf der Expo Cartoon Convention in Rom den begehrten Yellow Kid-Comicpreis für sein Lebenswerk. Insbesondere in Italien – dort erschien 2001 eine Anthologie Glamour International: The Good Girl Art of Bob Lubbers' – schätzte man seine gezeichneten Femmes Fatales.
2003 präsentierte die Pariser Ausstellung Tarzan! Im dortigen Musée du quai Branly ausgewählte Tarzan-Sonntagsseiten aus Lubbers‘ Feder.
Am 8. Juli 2017 ist Lubbers, der Vater der Good Girl Art und spät wiederentdeckte Comic-Künstler der realistisch-eleganten Zeichenschule, nun im Alter von 95 Jahren gestorben.