COMICOSKOP - Unabhängiges E-Fachmagazin für Comic-Kultur & Bildgeschichte

Herausgegeben und gegründet von Martin Frenzel                      Online seit Dezember 2014 / Chefredakteur: Martin Frenzel

Comicoskop-Rubrik: Ausstellungen und Museen 2017

Zwischen Bildwitz, Kragenbär und Wörtersee: Frankfurter Caricatura-Museum ehrt den Komik-Ironiker Robert Gernhardt zum 80. Geburtstag

Feiert 2017 posthum seinen 80. Geburtstag: Der Zeichner, Maler, Schriftsteller, Lyriker und Drehbuchautor ROBERT GERNHARDT (1937-2006), Ikone der Neuen Frankfurter Schule, einer der bedeutendsten deutschen Cartoonisten. Plakat: (c) Caricatura-Museum für Komische Kunst Frankfurt/Main.

Meister des treffsicheren Bild-, Mutter- und Wortwitzes vom Allerfeinsten: Ikone der Neuen Frankfurter Schule, Nestor des Nonsens-Humors, Alleskönner, Aphoristiker, Karikaturist, Gentleman-68er zwischen Titanic, Pardon und Toskana / Zwischen Komik, Ernst und Reflexion / Schöpfer der genialen Nilpferd-Comicserie „Schnuffi“ / Legendärer „Welt im Spiegel“-Macher / Erfinder des Grüngürteltiers – Mix aus „Wutz, Molch und Star“ / Frankfurter Museum für Komische Kunst  präsentiert noch bis zum 15. April 2018 eine sehenswerte, umfassende Robert-Gernhardt-Retrospektive: 351 Exponate

Zwischen Komik, Ernst und Reflexion: Robert Gernhardt // Foto: (c) Harald Schröder / Aus: Journal Frankfurt

Eine Würdigung des Wörtersee-Virtuosen und Bildgeschichten-Genies Robert Gernhardt zu dessen 80. Geburtstag von COMICOSKOP-Mitarbeiter Klaus Albeck

Er war ein Komik-Ironiker par excellence: Robert Gernhardt (1937 - 2006) war ein Großmeister der Bildergeschichten und –gedichte, ein Könner des Cartoon- und Comic-Metiers, ein Virtuose feinsinniger Limmerick-Verse in der Tradition eines Joachim Ringelnatz, Gentleman-68er und Genie des grafischen Witze-Erzählens, gilt obendrein als einer der wichtigsten zeitgenössischen Dichter deutscher Sprache. Gernhardt galt nicht umsonst  als Tausendsassa, ein Multi-Talent: Zeichner und Maler, aber eben auch Lyriker, Schriftsteller und Drehbuchautor und verfasste humortheoretische Schriften. Am 13. Dezember 2017 wäre er 80 Jahre alt geworden. Das Frankfurter Caricatura-Museum, das bundesdeutsche Mekka für Komische Kunst, zeigt noch bis 15. April 2018 eine umfassende Werkschau – mit 351 Exponaten (fast) die ganze Wahrheit über Robert Gernhardt. Die Ausstellung würdigt den Mann, der wie kaum ein anderer das Florett des Bild- und Text-Humors   zu benutzen verstand, weil ihm Humor mit dem Säbel zuwider war.

(c) Abbildungen dieser Seite: Caricatura-Museum Frankfurt/M. und Robert Gernhardt sowie Verlage

Kam am gleichen Tag wie Heinrich Heine und Heino zu Welt und wäre am 13. Dezember 2017 80 Jahre alt geworden: Robert Gernhardt (1937-2006) / Foto: (c) Britta Frenz

Bundesdeutsches Mekka der Komischen Kunst: Das Frankfurter Caricatura-Museum / Foto: Martin Frenzel (Comicoskop)

Robert Gernhardts Leben lässt sich so zusammenfassen: "Maler, Pardon, Schriftsteller, Titanic und Bergen-Enkheimer Humorkritiker".

 Der Wahl-Frankfurter war ein Kind des Baltikums: Robert Gernhardt kam am 13. Dezember 1937 – am gleichen Tage wie Heinrich Heine und Heino, wie er gerne spöttelte - in Reval, dem heutigen Tallinn, als einer von drei Söhnen eines Richters, zur Welt. Zwei Jahre nach seiner Geburt musste die Familie nach Posen umsiedeln. Als sein Vater 1945 im Zweiten Weltkrieg fiel, floh die Mutter mit Robert und seinen Brüdern Per und Andreas über Thüringen nach Niedersachsen, wo sie sich 1946 in Göttingen niederließen.

Nach Abschluss seiner Schulausbildung 1956 nahm Gernhardt zunächst ein Studium der Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart auf. Studierte sodann an der Akademie der Künste in Berlin und Germanistik an der FU Berlin. Mit 27 Jahren landete Robert Gernhardt an seiner Hauptwirkungsstätte par excellence, seiner Wahlheimat Frankfurt, in der er zu seinem zu frühen Tod 2006 arbeitete und lebte. Weggefährte damals schon: Sein Studienkollege, Freund und Mitstreiter F.W. Bernstein (Fritz Weigle). Zusammen zogen sie von Berlin nach Frankfurt am Main, um für Helmut A. Nikels neu gegründetes, für die damalige Adenauer-Zeit geradezu subversives Anarcho-Satiremagazin pardon zu schreiben und zu zeichnen.

Die Fantastischen Drei: F.K. Waechter, Eckhard Henscheid, Robert Gernhardt auf der Frankfurter Buchmesse 1978.

Seit 1964 arbeitete Robert Gernhardt – bis 1971 unter verschiedenen Pseudonymen, allen voran Lützel Jeman – bei pardon. Zusammen mit F.K. Waechter riefen Gernhardt und F.W. Bernstein die heute legendäre Nonsens-Beilage „Welt im Spiegel“, kurz „WimS“, ins Leben, die bis 1976 Zeitungsparodien mit Texten, Rätselspielen und Zeichnungen bot und schnell Kultstatus erlangte.

 

Zu den festen Bestandteilen von WimS gehörte u.a. Gernhardts nicht minder legendärer Nilpferd-Comicstrip namens „Schnuffi“ mit den absurden Abenteuer eines knuffigen Hippos. „Schnuffi“ geriet in gewisser Weise zur 68er Freigeist-Antwort auf Loriots eher biederes Comic-Nashorn „Reinhold“ für den STERN in den 1950ern. In der Gernhardt-Schau sind über fünfzig davon zu sehen, einst im Satire-Magazin "Pardon" erschienen (1964-1976). Dazu Robert Gernhardt: „Mir fiel in Bezug auf die deutsche Comic­rezeption auf, dass die Deutschen gleich in die Parodie gingen, ohne selbst eine Komikkultur gehabt zu haben. ,Nick Knatterton‘ ist beispielweise eine Parodie auf einen Comic, den es in Deutschland noch gar nicht gab. So ist auch ,Schnuffi‘ ein Versuch, eine Bildergeschichte so doof wie möglich zu erzählen, ohne dass ich sagen könnte, unter der Blödheit irgendeiner Serie gelitten zu haben.“

 

Bei pardon fanden sich diejenigen Zeichner und Autoren zusammen, die wir heute als „Neue Frankfurter Schule“ kennen und die als Wegbereiter eines neuen Komikverständnisses in Deutschland gelten. 

Diese einzigartige Künstlergruppe bestand neben den eben genannten Robert Gernhardt, F.W. Bernstein und F.K. Waechter aus den Zeichnern Chlodwig Poth, Hans Traxler und den Autoren Bernd Eilert, Eckhard Henscheid und Pit Knorr. Robert Gernhardt wird dabei von den Kollegen die Rolle des „Schuldirektors“ (Eckhard Henscheid), „Klassenprimus“ (Hans Traxler) oder auch „Supergurus“ (F.K. Waechter) zugeschrieben.

Die Arnold-Hau-Coop: v.l.n.r. Bernd Eilert, F.K. Waechter, Robert Gernhardt, Arend Agthe

Gemeinsam mit Pit Knorr schuf Gernhardt von 1971 an Sketche und eigene Serien für den Hessischen Rundfunk, u.a. „Dr. Seltsams Sonntags-Sortiment oder Hörrohr klar zum Gefecht – eine aktuelle Merkwürdigkeitenschau” und „HELP – ein satirisches Aushilfsmagazin”. Bald stieß Bernd Eilert dazu und das Autoren-Trio „GEK-Gruppe“ war geboren. Diese verantwortete später u.a. die TV-Comedy-Schau „Dr. Muffels Telebrause“ sowie die Produktion „Der Forellenhof – ein neuer Film zu alten Bildern“. In Kleinstarbeit wurde das Material der gleichnamigen Fernsehserie aus den 1960ern auf höchst komische Art und Weise neu zusammengeschnitten und synchronisiert. Nicht zuletzt begann in den 1970ern die Zusammenarbeit mit dem Komiker Otto Waalkes, für den die GEK-Gruppe zahlreiche Programme und Drehbücher schrieb.

Gernhardts Schnuffi-Skizze

1977 erschienen seine über einhundert Nonsens-Geschichten im Sammelband „Die Blusen des Böhmen“, einem Meilenstein der Situationskomik: Geschichten, Bilder, Geschichten in Bildern und Bilder aus der Geschichte, so der Untertitel.

 

1979 gehörte Robert Gernhardt – in Abgrenzung zum Magazin „Pardon“ - zu den Mitbegründern des endgültigen Frankfurter Satiremagazins TITANIC, welches bis heute seinen Sitz in Frankfurt hat, und in dem Gernhardt unzählige Texte und Zeichnungen veröffentlichte.

Erst Anfang der 80er Jahre gelang ihm der Durchbruch zum "anerkannten Literaten“ des Feuilletons. 1997 veröffentlichte Gernhardt zum eigenen 60. Geburtstag seinen vielbeachteten Gedichtband "Lichte Gedichte. Darob geriet der grafische Gernhardt zu Unrecht ein wenig ins Hintertreffen: Die Frankfurter Gernhardt-Retrospektive zeigt den genialen Gratwanderer zwischen Grafik und Gedicht, Zeichenstrich und Sonnetten...

 

Gernhardt über seine Arbeit und seine vielen Pseudonyme: „Gruppensitzungen in Gasthäusern, außerhalb der Arbeitszeit, anfangs ohne Verwertungsgedanken; während der Arbeitszeit machten wir jede Art von Redaktionsarbeit, außerdem geißelten wir die Missstände, Weigle als Hermann Rabe, F. W. Bernstein oder Bernhard Schuster, ich als Herr Kin, Lützel Jeman, Paul H. Burg, Arthur Klett oder Alfred Karch … Ein wichtiges Datum ist dann der Februar 1970. Von da ab haben wir WimS in eigener Regie gemacht … 1971 ist wieder ein entscheidendes Datum. Lützel Jeman gibt sein Pseudonym auf … Ich habe das dann in einem langen, strategisch breitangelegten Überleitungsprozess ähnlich wie von Coca Cola zu Coke von Lützel Jeman über Robert Jeman Gernhardt zu Robert Gernhardt gebracht“

 

Mit „Norbert Gamsbart“ schuf Gernhardt zudem ein Alter Ego, eine Kunstfigur der besonderen Art.

Schrieben bundesdeutsche Satire-Geschichte: "Pardon" seit 1962 und später von 1979 an die "Titanic"... obere Reihe Mitte: Pardon-Herausgeber Nikel posiert auf dem Cover mit Nackedei auf den Schultern...

Gernhardt operierte an der feinen Schnittstelle zwischen Cartoon und Comic, mochte sich nicht festlegen, verstand es, auf beiden Klavieren grandios zu spielen. Einen Namen machte sich Gernhardt nicht zuletzt mit seinen Comic- und Cartoon-Seiten unter dem Titel „Gernhardts Erzählungen“, die sich, bestückt mit Bildergeschichten von Robert Gernhardt, meist auf einer Doppel-, manchmal auf einer Einzelseite durch die frühen TITANIC-Jahre zogen. Sie wurden später abgelöst von „Mit Gernhardt durchs Jahr“. Daneben erschien eine Fülle an weiteren Texten, so auch Humortheoretisches für die Rubrik „Humorkritik“ und Zeichnungen, die alleine oder in Gruppenarbeit entstanden.

 

1984 kreuzte ein Teil der Neue Frankfurter Schule-Crew auch beim 1. Internationalen Comic-Salon Erlangen auf... und wart auf den Folge-Festivals nie wieder gesehen...

 

Seit Beginn der 1980er veröffentlichte Gernhardt zahlreiche Gedichtbände, u.a. „Wörtersee“ 1981, eine Sammlung seiner Gedichte und Bildgedichte aus dem „Zeitmagazin“, in welchem Robert Gernhardt von 1978 bis 1986 veröffentlichte. Im Laufe der 1990er Jahre wurde Robert Gernhardt endlich auch vom Feuilleton zunehmend als Lyriker geschätzt. "Die größte Schwierigkeit beim Schreiben, das ist das auf der Zeile bleiben", umriss er sein Credo.

Gernhardts legendärer Nilpferd-Comic "Schnuffi"

Im November 1989 druckte das Frankfurter Satiremagazin "Titanic" eine fünfseitige Comic-Geschichte Gernhardts: "Die Tränentiere" - Eine Persiflage auf die Massenflucht aus der damals gerade untergehenden DDR... Dieser Comic blieb der wohl längste, den der Meister je veröffentlichte. Gernhardt bevorzugte die Kurzform.

  1992 war er sich indes – frei von Starallüren – auch nicht zu schade, die Mainzer Comic-Tage im November im dortigen Frankfurter Hof mit seiner Anwesenheit zu beehren: Er kam zur Eröffnung des Rhein-Main-Comicfestivals der neunten Kunst, hatte Teil an der umfassenden Ausstellung über die Comic & Carton-Szene Rhein-Main (die eben nicht nur die Superstars wie ihn, sondern auch Newcomer und junge Talente präsentierte) und war ironischer Mitdiskutant einer vom heutigen COMICOSKOP-Chefredakteur Martin Frenzel moderierten Podiumsrunde „Von KARL bis Phantom schmerzen: Das Comic-Coming out der Rhein Main-Region“.

 

1965 heiratete er die Malerin Almut Ullrich, die 1989 starb. 1990 ging Gernhardt eine zweite Ehe mit Almut Gehebe ein.

Star-Gast der Mainzer Comic-Tage vom November 1992: Robert Gernhardt

In seinem lyrischen Schaffen verarbeitete Gernhardt auch seinen gesundheitlichen Kampf: Nach seiner schweren Herzoperation 1996 entstand der Band „Herz in Not“. Über seine Darmkrebserkrankung, von der er seit 2002 Kenntnis hatte, verfasste er zahlreiche Gedichte, welche unter dem Titel „K-Gedichte“ veröffentlicht wurden.

 

Ein charakteristischer Gernhardt-Reim geht so: „Die schärfsten Kritiker der Molche waren früher eben solche.“

 

Zu Frankfurt am Main hegte Gernhardt eine sehr enge, ganz besondere Verbindung. Zum zehnjährigen Jubiläum des Frankfurter GrünGürtels 2001 schenkte er der Stadt das von ihm gezeichnete GrünGürtel-Tier, laut Schöpfer eine „Mischung aus Wutz, Molch und Star“. Seit 2006 steht es in Bronze gegossen auf der Robert-Gernhardt-Brücke im Frankfurter Stadtteil Bonames. Neben seiner Wahlheimat Frankfurt schaffte er sich 1972 in der Toskana ein zweites Domizil, in dem er jährlich drei bis vier Monate verbrachte – er war bekennendes Mitglied der Toskana-Fraktion, noch ehe dieser Begriff in die deutsche Innenpolitik wanderte…

Eher unglücklich mutet dagegen die seit 2013/14 wabernde Göttinger Debatte um ein Denkmal zu Ehren des Künstlers auf dessen Robert-Gernhardt-Platz in Göttingen an: Das To be or not to be um Gernhardts Figur des onanierenden Kragenbären trieb immer neue Kapriolen… ob diese Skulptur in jugendfreier Fassung doch noch Wirklichkeit wird, steht wohl noch in den Sternen…

 

2001 wurde Robert Gernhardt als Gastdozent für die Frankfurter Poetik-Vorlesungen an der Johann Wolfgang Goethe-Universität eingeladen. In dem Jahr vor seinem Tod hielt er Lyrik-Vorlesungen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, residierte kurzzeitig als Autor an der University of Warwick in England.

Seine Werke wurden mit zahlreichen Ausstellungen und Auszeichnungen gewürdigt, z.B. mit dem „Kasseler Kulturpreis für grotesken Humor“, dem „Stadtschreiber von Bergen“, dem „Göttinger Elch“, dem „Bert-Brecht-Preis“, dem „Heinrich-Heine-Preis“ sowie dem „Joachim-Ringelnatz-Preis“ und der Wilhelm Busch-Preis.

 

Robert Gernhardt starb allzu früh, im Alter von nur 68 Jahren, am 30. Juni 2006 nach langer Krankheit in Frankfurt am Main.

 

Seit 2008 wird ihm zu Ehren der Robert Gernhardt-Preis vergeben: Im Dezember desselben Jahres stiftete die Landesbank Hessen-Thüringen in memoriam Robert Gernhardt den beim Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst angesiedelten Robert-Gernhardt-Förderpreis (inzwischen: Robert-Gernhardt-Preis). Diese Auszeichnung wird seit 2009 alljährlich an zwei hessische Autoren vergeben. Ziel ist es, damit ein besonderes literarisches Projekt zu unterstützen. Das Preisgeld liegt bei 12.000 Euro. 

"Der Kragenbär, der holt sich munter // einen nach dem andern runter", so lautet ein typisches Gernhardt-Gedicht… Oder auch: "Paulus schrieb an die Apatschen: Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen. // Paulus schrieb an die Komantschen: Erst kommt die Taufe, dann das Plantschen. // Paulus schrieb den Irokesen: Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen." Und nicht zuletzt: "Von der großen Stadt Berlin // kannst du viel erwarten. // Solltest nur kein Weichei sein: // Berlin ist mit den Harten."

Gernhardts sich selbst (mehrfach) befriedigender Kragenbär - Zankapfel der Göttinger Kommunalpolitik...

Im Spiegel-Interview sagte Gernhardt 2006: "Den fünf Genres Horror, Porno, Melodram, Spannung und Komik entsprechen fünf Körperausscheidungen: Erbrochenes, Sperma, Tränen, Schweiß und Urin. Und jedes Genre will eine dieser Ausscheidungen herbeiführen: Das Melodram will Tränen, der Porno Sperma, der Horror das Erbrechen, die Spannung den Schweißausbruch. Die Komik will zweierlei: Entweder soll sich der Mensch vor Lachen bepissen oder Tränen lachen. Das ist der Unterschied zur Hochkunst: Alle fünf Genres wollen den Konsumenten eindeutig außer Gefecht setzen."

 

Wie ein Vermächtnis klingt sein Dictum: „Lieber Gott, nimm es hin, dass ich was Besond'res bin. Und gib ruhig einmal zu, dass ich klüger bin als du. Preise künftig meinen Namen, denn sonst setzt es etwas. Amen.“                                    KLAUS ALBECK

DIE FRANKFURTER ROBERT GERNHARDT-RETROSPEKTIVE

Die Fantastischen Fünf der Neuen Frankfurter Schule: Chlodwig Poth, F.W.Bernstein, F.K.Waechter, Robert Gernhardt und lst but not least Hans Traxler. Foto: Caricatura-Museum Frankfurt.

Der zeichnerische Nachlass von Robert Gernhardt befindet sich – im Gegensatz zum weitgehend nach Hannover ins Wilhelm Busch-Museum geratenen Nachlass seines Weggefährten F.K. Waechter - in der Sammlung des Frankfurter Caricatura Museums für Komische Kunst. Es handelt sich dabei um über 3.500 Zeichnungen - mithin ein wahrer Kulturschatz. Ein Teil davon wird ständig in der Dauerausstellung gezeigt. Anlässlich seines 80. Geburtstags präsentiert das Caricatura Museum Frankfurt in einer großen Retrospektive „Robert Gernhardt“ ausgewählte Werke seines satirischen Schaffens, allen voran Bildergeschichten, Cartoons, Comics und Illustrationen sowie Originale zu seinen Buch-Covern. An verschiedenen Hörstationen werden dem Besucher zudem Gedichte und Texte zugänglich gemacht.

Trutzburg der Komischen Kunst weit übers Rhein-Main-Gebiet hinaus: Deutschlands einzigartiges Caricatura-Museum Frankfurt, Heimstätte der Neuen Frankfurter Schule um Robert Gernhardt, F.W.Bernstein, F.K.Waechter, Chlodwig Poth, Hans Traxler... / Foto: Martin Frenzel (Comicoskop)

Hans Traxlers Version der Neue Frankfurter Schule: Ganz vorn Robert Gernhardt an der Staffelei...

Im Erdgeschoss ist ein Schwerpunkt der 351 Exponate umfassenden Ausstellung zu sehen: Gernhardts Bildergeschichten und Cartoons für TITANIC aus den Jahren 1979 bis 1994.

Großen Raum nehmen die Zeichnungen aus Gernhardts langjährigen Serien „Gernhardts Erzählungen“ und „Mit Gernhardt durchs Jahr“ ein. Zudem können Besucherinnen und Besucher eine Reihe von Gernhardts bunten Pastellzeichnungen für seine Buchcover bewundern. Aber auch die vollständige Reihe „Deutsche Leser“, erschienen 1986 in der Literaturbeilage der Wochenzeitung Die Zeit, und Auszüge aus den 99 Sudelblättern, die Robert Gernhardt zu 99 Sudelsprüchen aus der Feder Georg Christoph Lichtenbergs zeichnete, sind mit von der Partie der sehenswerten Gernhardt-Schau zum 80. Wiegenfest.

Eine kleine Weltpremiere: Auf der Galerie zeigen die Macher des Caricatura-Museums erstmals öffentlich Coverzeichnungen und Illustrationen zu Robert Gernhardts Büchern „Die Falle“, „Ostergeschichte“, „Wege zum Ruhm“, „Das Ungeheuer von Well Ness“ (mit Pit Knorr und Bernd Eilert) und „In Zungen reden“.

 

Ein absolutes Highlight der Ausstellung befindet sich ebenfalls auf der Galerie: Über 50 Comic-Strips mit Schnuffis Abenteuern aus „Welt im Spiegel“ (pardon), die gerade Comicfreundinnen und –freunde neu oder wiederentdecken sollten. 

Das Gernhardtsche Grüngürteltier-Original...

Gernhardts Grüngürteltier... Frankfurter Grüngürteltier auf der Robert-Gernhardt-Brücke am Alten Flugplatz in Frankfurt-Bonames / Grüngürteltier-Fotos: (c) Eva Kröche / Grüngürtel-Infostele: Foto (c) Frank Behnsen

Eine weitere Besonderheit, nicht nur für Frankfurterinnen und Frankfurter, sind Zeichnungen und Gedichte, die in Robert Gernhardts Amtsperiode 1991/1992 als „Stadtschreiber von Bergen“ entstanden.

 

Als multimediales Extra zeigt das Frankfurter Caricatura Museum in der Ausstellung ein Interview mit Bernd Eilert und Pit Knorr, in dem sie u.a. von ihrer gemeinsamen Zeit mit Robert Gernhardt als Autorentrio „GEK-Gruppe“ erzählen.

Gernhardt, der Kalendermann: Robert Gernhardt als Kalenderblatt / (c) Arche Verlag

Im ersten Obergeschoss in den Räumen der Dauerausstellung „Die Zeichner der Neuen Frankfurter Schule“ sind im Gernhardt-Kabinett Auszüge aus seinem Buch „Die Magadaskar-Reise“ zu sehen: Gernhardt fügte hierfür lose Zeichnungen aus dem Zeitraum zwischen 1970 und 1980 zusammen, erstellte daraus einen (fiktiven) Reisebericht über seine „Magadaskar-Reise“.

 

Neben den Zeichnungen kann der Besucher in einer Leseecke in den Büchern Robert Gernhardts schmökern.     KLAUS ALBECK

Caricatura Museum Frankfurt Museum für Komische Kunst Weckmarkt 17 D-60311 Frankfurt am Main                                   Tel +49 (0) 69 212 301 61

Preise 6 € / 3 € ermäßigt Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 18 J. Alle Infos Anfahrt Bahnverbindung U4 / U5 Römer

Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr Mittwoch 11-21 Uhr Montag geschlossen

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