Unabhängiges E-Fachmagazin für Comic-Kultur & Bildgeschichte

COMICOSKOP-Rubrik: Ausstellungen 2016

Leipziger BECK lebt seinen Lange Nasen-Traum: Lakonische Limericks vom Feinsten im Frankfurter Caricatura-Museum

Geballte Ladung Ost-Humor und Leipziger Cartoon-Allerlei - Sächsisch, frech und weltoffen: "Ich bin der erste Ossi, der hier ausstellen darf“ /  Fast 400 Exponate im Leinweberhaus / „Meine Frauenfiguren haben meistens Turmfrisuren“ / Erstmals ostdeutscher Zeichner im Caricatura-Museum Frankfurt / Achim Frenz: "Schönstes Museum der Welt" / Noch bis 12. Juni 2016 

Ein Bericht von COMICOSKOP-Chefredakteur & -Herausgeber Martin Frenzel

(c) Beck und Caricatura-Museum Komische Kunst Frankfurt

Er ist Deutschlands vielleicht lakonischster Cartoonist – er liebt nicht das Barocke wie Manfred Deix oder das Groteske eines George Grosz, sondern das Karg-Schnörkellose, und vielleicht war dieser Detlef Beck alias BECK  ja in seinem karmischen Vorleben einmal ein wortkarger Spartaner. Nicht umsonst gilt BECK als heimlicher Meister der gekonnt treffsicheren, ins Schwarze treffenden, demonstrativ zur Schau gestellten Wort-  & Bild-Kargheit.  Seine Bilder-Limericks, denen man jetzt in Gestalt einer „geballten Ladung Ostdeutscher Humor“ (BECK) erstmals im Frankfurter CARICATURA-Museum für Komische Kunst nachspüren kann, haben sichtlich ihre Wurzeln im Lande Lakonien. Und der kommt nicht nur im deutschen, sondern inzwischen auch im englischen Sprachraum prima an. Nicht umsonst lautet des Künstlers Lebens-Devise: „Abwarten und Tee trinken.“ COMICOSKOP-Reporter Martin Frenzel über eine sehenswerte Schau, die noch bis zum 12.Juni in der Mainmetropole zu bewundern ist.   

Mekka der Komischen Kunst in deutschen Landen: Das Frankfurter Caricatura-Museum im historischen Leinweberhaus  / Foto: (c) Martin Frenzel / Comicoskop 

Achim Frenz, Leiter des bundesweit einzigartigen

Frankfurter Caricatura-Museums für Komische Kunst sprach von einem gleich „doppelten Skandal“: Zum einen kenne man

sich nun schon seit 25 Jahren, zum anderen stehe der Künstler für exzellente Cartoon-Qualität auf dem Gebiet der Komischen Kunst… Gemeint ist der Leipziger Detlef Beck, bundesweit besser bekannt unter seinem Künstlernamen BECK,

viermaliger Preisträger des Dresdner Deutschen Karikaturenpreises, der mit seinen Cartoons in der ZEIT, in Reader’s Digest, im MAGAZIN und in NATUR seit zehn

Jahren allerorten von sich reden macht…

„Ich bin halt ein Ossi“, meinte BECK denn auch auf der

Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung lakonisch, schließlich es sei das erste Mal überhaupt, dass eine „geballte

Ladung Ostdeutscher Humor“ im Frankfurter Caricatura-Museum für komische Kunst Eingang finde. Ost- und West-Humor seien doch noch immer sehr unterschiedlich in

deutschen Landen, so BECK, damit eine Kostprobe seines lakonischen Humors   gebend… obschon er selbst sich immer global denkend verstanden habe, wie Beck

betont. Beck wörtlich: "Ich bin der erste Ossi, der hier ausstellen darf.“ Indes: Er, Beck, habe schon immer gern über den Tellerrand geblickt.  

So habe er mal versucht, beim „New Yorker“ zu landen, „aber die wollten zehn Zeichnungen pro Woche – das war mir zu anstrengend“.

Leipziger Limmerick-Lakoniker BECK: Sehenswerte Werk-Schau im Frankfurter Caricatura-Museum für Komische Kunst  / (c) Foto: Yvonne Kuschel

Frankfurter Hochburg des Humors in Deutschland: Das Caricatura-Museum für Komische Kunst im Windschatten des Frankfurter Doms / Foto: (c) Martin Frenzel / Comicoskop

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Lebe Deinen Traum“ heißt das gut zur Ausstellung passende,

bei Lappan 2014 erschienene Werk 400 gesammelter Cartoons - und genau das tut Beck, seit er sich entschied, nur noch Cartoonist zu sein, er lebt seinen Traum. Davon legt diese wunderbare Beck-Bestandsaufnahme mit insgesamt über 394 Objekten (alles Leihgaben von BECK) wunderbar Zeugnis ab: Darunter 104 Zeichnungen, dreizehn Aquarelle, 232 kolorierte Drucke, fünfzehn Siebdrucke, sogar zwei Stiche, Skizzen und Scribbles, Plakate, Figuren, einen Beck-Film von 2007 des damals noch langhaarigen Künstlers - und einen Fotoshow…

Becks Bilderwitze entstehen seit dreizehn Jahren in der

Leipziger Tieflandbucht: Dieses Leipziger Allerlei bietet komisch-lakonische Cartoon-Kunst vom Feinsten, etwa wenn Beck den urinierenden kleinen Hitler vor einem riesigen, gigantesken Pissoir (vergebens) darauf zielen und einen standesgemäßen Wutausbruch („Speer!“) haben lässt. Becks Bilder-Burlesken ziehen alles durch den Bilderwitze-Kakao:

Religion, Gott und Beziehungen, Männer, Frauen, Katzenliebhaber, Umwelt, Küche und Büro, Nonsens und Psychologie…

BECK während der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung im Caricatura-Museum Frankfurt / Foto: (c) Martin Frenzel / Comicoskop

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

 In seinem Autogramm schreibt er bewusst das „e“ in BECK

stets entgegen der Leserichtung: Aber auch in seinen Bilderwitzen stellt Beck die Dinge gern auf den Kopf…. Er zeichnet stilistisch in einem stark reduzierten, kargem Strich, steht dabei irgendwo in der Ahnengalerie zwischen Jean Bosc, Martin Perscheid, F.K.Waechter… und irgendwie wirkt es, als habe BECK auch seinen Chaval gelesen (1915-1968). Über Letzteren, den aus Bordeaux stammenden Cartoon-Altmeister der Extraklasse, schrieb die "Neue Züricher Zeitung" einmal treffend: "Man lacht durch das Auge, nicht durch den Intellekt." Das gilt in gewisser Weise auch für BECK.

Der Leipziger Limerick-Lakoniker BECK erweist so als Chronist der Absurditäten des Alltags, die er so präzise erfasst wie kein Zweiter. In der ARD-Kultursendung "Titel Thesen, Temperamente" hieß es über BECK: „Er muss unabhängig bleiben, um die Welt auf seine Komische Seite zu drehen.“ Und Beck selbst ergänzt ebenda: „Ich muss quer bleiben, das sichert mir auch meine Autorität .“

So sei er, O-Ton ttt, ein „Philosoph der Freiheit, der

Natur und des Absurden“ und ein Psychologe zugleich.

Aber BECK ist auch ganz Mensch: Auch im südwestdeutschen Frankfurt erwähnt er das herablassend-arrogante Verdikt eines ziemlich bekannten West-Kollegen, der vor Jahren über ihn geurteilt habe: „Naja, das sind ja schöne Zeichnungen, aber die Pointen taugen nichts.“ Das nagt an ihm, bis heute. BECK versucht tagtäglich, den Gegenbeweis zu bringen – mit großem Erfolg!

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Leiter des "schönsten Museums der Welt": Frankfurter Caricatura-Museumschef, TITANIC-Mitherausgeber und Kenner der Neuen Frankfurter Schule, Achim Frenz / Foto: (c) Martin Frenzel / Comicoskop 

Schnoddriger Strich gepaart mit treffsicherem, hintergründigem, doppelbödigem Wortspiel-Humor – das ist das Geheimnis des Zeichners BECK. Der Bildwitze-Minimalist Beck sieht sich  in erster Linie nicht als ein politischer Cartoonist wie Seyfried, Cabu oder Jules Feiffer, eher als den Cartoon-Poeten der alltäglichen Skurrilitäten, des scheinbar lapidaren Nonsens, der Abgründe des Alltags. Nicht zuletzt ist er feiner, treffsicherer Chronist der schönen neuen Welt der Big Data-Gesellschaft aus Smartfon, Google, Facebook & Co. („Ihr Leben kann zu den Schulungszwecken aufgezeichnet werden!“), Lust und Leid der Technik gerieten zu seinem zentralen Lebensthema. Sitzt jemand in der Kirche, mit dem Allzeit-Smartfon telefonierend: „Schatz, ich bin in der Kirche, brauchst Du was aus der Kirche?“

Für die einen seien es eben nur Laternenmasten, für die andern Facebook für Hunde, kommentiert Beck eine Szene, in der ein Vierbeiner an einem solchen Mast sein Bein hebt. Sitzt ein Mann

im Bett mit seinem Smartfon - und es folgt ein typischer Beck-Limerick: „My Book feels betrayed my book feels bitter

‚cos when I climb into bed I open up twitter“.

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Sächsisch, frech und weltoffen: Der Leipziger Cartoonist BECK ist in der Heimat und in der weiten Welt zuhause... / Foto: (c) Martin  Frenzel / Comicoskop

BECK-Vorbild, Meister des kargen Strichs (MDR), der reizvoll-doppelbödigen Karikatur (Freie Presse): DDR-Cartoon-Legende Henry Büttner (Jg. 1928, Eulenspiegel etc.) / Bilder: (c) Eulenspiegel

Häufig erzählt BECK mit einem Bild absurde Geschichten,

schreckt durchaus nicht vor Kalauerpointen zurück, hat oft einfach Spaß am Spiel mit den Wörtern, nicht zuletzt mit Neuwörtern…So zeigt er ein sichtlich an der eigenen Zerrüttung nagendes, im Bett liegendes Ehepaar und lässt ihn zu seiner Gattin sagen: „Wenn Du Drittmittel mitbringst, habe ich nichts gegen Nachwuchs.“  Sitzen zwei Hirsche auf dem

Badesteg am Seeufer, lassen ihre Hufe nah im Wasser baumeln… einer von ihnen sagt: „Man muss sich auch mal treiben lassen“ – und dahinter lugt schon der Jäger aus dem Wald mit der Flinte in der Hand hervor…

Herrlich Becks Persiflage der Entspannungs- und

Wellness-Welle unseres Zeitalters der beschleunigten Turbo-Gesellschaft, die er mit dem Cartoon durch den Kakao zieht, der auch auf der Einladungskarte zur Ausstellung abgedruckt ist: Sagt die langnasige Fitness-Trainerin streng zu einem mit hochrotem Kopf mit den Beinen im Gegensatz zu seinen Mitmenschen kaum hochkommenden Probanden: „Ok, Herr Günther, ok… wenn es keine Kerze wird, versuchen wir wenigstens ein Teelicht.“

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Herzliche Grüße aus Absurdistan...  / Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Schaut seinen Mitmenschen gern aufs Maul: Multi-Cartoonist BECK   im Frankfurter Caricatura-Museum / Foto: (c) Martin Frenzel / Comicoskop 

Ein Teelicht also – da ist er wieder der begnadete Alltags-Lakoniker BECK. Manchmal wird BECK dann doch politisch, etwa mit seiner Zeichnung „Wir sind von Alkaida, dem alkoholischen Flügel der PEGIDA“. Oder wenn er den Diktator Hitler bestürzt feststellen lässt, dass sein Widersacher Stalin bei Facebook ist („Um dich mit Stalin zu verbünden, registriere dich heute noch bei FACEBOOK)…“

Dann wieder zeigt Beck einen Busfahrer, der an der Haltestelle achtlos vorbeifährt, Kommentar Beck: „Bus-Günther will heute

mal alleine sein.“ Auf der Insel Rügen laufenden textil bekleidete, irritiert dreinblickende Westler zum Strand und staunen über ostdeutsche, braungebrannte FKK-Nackedeis – Beck: „Die Eingeborenen erkennt man an der dunklen Hautfarbe“

und dass sie meist ohne Kleidung am Strand lägen…Und auch sich und seine sächsische Herkunft nimmt er gern mal auf den Arm: „Was mich an Leipzig nervt, ist, dass sie immer alles verniedlichen müssen: Supi, Tschaui, Kulki, Cossi, Völki…“ – Beck dazu: „Nazi nicht zu vergessen…“ Seine Liebe zur Ostsee und zum Meer spiegelt sich in Bildwitze wieder wie „Wir unterscheiden zwischen Schlickwatt, Mischwatt, Sandwatt und bringt dat watt.“

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Dass BECK auch beckmesserische Schärfe an den Tag legen kann, zeigt sein Kommentar zum Missbrauchsskandal der Katholischen Kirche: „Weihnachten ist für die katholische Kirche die einzige Gelegenheit sich legal mit einem kleinen Jungen zu beschäftigen.“

Seine Ideen bezieht BECK aus dem Belauschen und

Beobachten der Mitmenschen in Cafés, auf sonstiger freier Alltags-Wildbahn, nicht zuletzt immer mehr aus sozialen Netzwerken im World Wide Web. Man glaubt gar nicht, was die Leute da alles schreiben, schmunzelt Beck vielsagend, das World Wide Web erweist sich dergestalt als Fundgrube für menschliche Abgründe, als gar nicht so virtuelle Büchse der Pandora…

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Müsste man erfinden, wenn es dieses Zentrum der Komischen Kunst nicht schon gäbe: Das Frankfurter CARICATURA-Museum nahe am Mainufer / Foto: (c) Martin Frenzel / Comicoskop 

Ich zeichne analog, am liebsten alles auf Papier…“ Aber

seit ihn DIE ZEIT zwang, einen farbigen Cartoon „noch am gleichen Tag“ (BECK) zu liefern, habe er, was das Kolorieren anbelangt, auf den digitalen Computer umgestellt. Egal, ob analog oder digital: BECK zeigt sich, wie diese Ausstellung eindrucksvoll dokumentiert, als ein Virtuose der leuchtenden Farben. Grafisch angetan haben es ihm sichtlich  die langen Nasen bei Männern und Frauen - und bei den Frauen die abartigen Turmfrisuren (die Beck wohl dank einer Tante in der Jugendzeit in den 1960ern seither nicht mehr hat verdrängen können)…

Die Ausstellung zeigt eine umfassende, vorbildlich zweisprachig in Deutsch und hervorragendem Englisch gehaltene BECK-Bestandaufnahme der neueren Cartoons von BeCK, Primär-Zeichnungen, Kolorierungen und Siebdrucke.

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

In vielerlei Hinsicht erinnert Beck an den Sprachwitz

der Granden der Neuen Frankfurter Schule – und an den unvergesslichen Bernd Pfarr (Sondermann, Dulle). So entpuppt Beck sich als ein Mann des treffsicheren Wortwitzes, dessen

skurriler Zeichenstrich die Komik noch unterstreicht…

BECK sei einer, der alles aufzeichnet, was ihm im Alltag

auffällt, ein Cartoon sei bei ihm erst dann fertig, wenn Form und Inhalt, Bild- und Wortwitz stimmten, so Achim Frenz. „Beck hat einen Sinn für die treffsichere Pointe, beobachtet genau, bringt unfassbar komische Wortspiele - und hat trotz allem ein Herz für Menschen.“

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Zwischen Frankfurter Dom und Mainufer: Das famose Frankfurter Caricatura-Museum für Komische Kunst... Alle Fotos: (c) Martin Frenzel (Comicoskop)

Im Osten viel Neues: Beck gehört zu jener Avantgarde-Comic-Riege der Wendezeit von 1989 – die DDR lag in Trümmern, das Neue war noch ein Ernst Blochsches Noch-Nicht, die um die Künstlergruppe PGH Glühende Zukunft früh Maßstäbe setzte, Neues wagte.

Geboren 1958 in Leipzig, war schon von Jugend an bei

Beck die „Zeichnerei meins“ (O-Ton Beck) – so beeinflussten ihn schon früh Cartoons und Karikaturen etwa des ostdeutschen Zeichners Henry Büttner. Aber auch westdeutsche Cartoonisten wie Ernst Volland, Chlodwig Porth und F. K. Waechter (den Beck noch vor dessen Tod kennenlernte), aber auch US-amerikanische und englische Zeichner prägten

den jungen Beck noch zu DDR-Zeiten. Etliche dieser Arbeiten erschienen nämlich im heute noch existierenden Journal „Das Magazin“. Und im Französischen Kulturzentrum Ost-Berlins entdeckte Beck zudem die europäischen Giganten der satirischen Comic- und Cartoon-Kultur - so etwa Sempé, Georges Wolinski und „Die Frustrierten“-Zeichnerin Claire Bretécher. Auch sei er ein Bewunderer Robert Gernhardts, den er Anfang der 1990er Jahre kennen- und schätzen lernte.

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Seit Ende der 1990er emanzipierte sich BECK aus dem

Ost-Berliner Alternativmilieu, avancierte zu einem der profiliertesten Cartoonisten im deutschen Sprachbereich. Viermal gewann er den Deutschen Karikaturenpreis (dreimal den ersten Platz, einmal den dritten, wie Museumsleiter Achim Frenz anerkennend anmerkte). Heute ist BECK – das wird er, der nichts von Ossi-Wessi-Schwarzweißdenken (mehr) hält,

vermutlich gern hören – ein gesamtdeutsches Cartoon-Phänomen…

Sein Lebenslauf verlief sympathisch bunt, keineswegs gradlinig:

Zunächst studierte er an der Weimarer Hochschule für Architektur und Bauwesen Architektur (heute Bauhaus-Universität) – schmiss aber hin, um stattdessen von

der Mitte der 1980er Jahre an Gebrauchsgrafik an der Kunsthochschule Berlin Weißensee  zu studieren (eine Institution, die ja zahlreiche Comic-Talente hervorgebracht hat – von Jens Harder bis Mawil).

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Blick ins Innere des Caricatura-Museums: Beck (des Meisters Rücken in der Bildmitte) war auch dort umlagert von Fernsehteams, die viel Aufwand trieben für ihre Zweieinhalb-Minuten-Clips... Foto: (c) Martin Frenzel (Comicoskop)                   

Aber auch dort lief es nicht glatt - man verwies ihn wegen eines angeblich „politisch-moralischen Fehlverhaltens“ (O-Ton BECK)

schon bald von dieser Akademie: BECK hatte es nach eigenem Bekunden es gewagt, aus der SED flugs wieder auszutreten,

nachdem er kurz zuvor der Partei beigetreten war. Danach

schlug Beck sich als Werbegestalter für den VEB Konsum Ost-Berlin durch, ehe er von 1987 freiberuflich als Illustrator, Plakatgestalter und Layouter tätig war. Er war in dieser unsteten, aber, wie er im COMICOSKOP-Gespräch sagt, „spannendsten Zeit“ nach- und nebeneinander Zeitungsverkäufer, Werbegestalter, Grafiker, Illustrator, Cartoonist… Systemwechsel inklusive… Nach der Wende 1989/90 veröffentlichte BeCK Zeichnungen in der Ost-Berliner Zeitschrift die andere, im Berliner Stadtmagazin zitty und in der Berliner taz. Es war die spätere Max-und-Moritz-Preisträgerin, Comic-Künstlerin und Kunst-Professorin Anke Feuchtenberger, die ihn damals in die Avantgarde-Comic-Künstlergruppe PGH Glühende Zukunft holte. Mit dieser Equipe ging Beck denn auch auf Ausstellungstour durch Deutschland und Frankreich. Er tummelte sich in jener ostdeutschen Berliner Szene des Prenzlauer Bergs, zu denen Künstler wie Fickelscherer und Henning Wagenbreth gehörten, oder die Alternativ-Comicgruppe „RENATE“.

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

BECK und Achim Frenz auf der Pressekonferenz... Alle Fotos: (c) Martin Frenzel (Comicoskop)

Von 1997 an gelang der Becksche Durchbruch als nach

eigenem Bekunden mit Aufträgen gesegneten Cartoonisten bei den ganz Großen, unter anderem fürs Frauenmagazin Brigitte, die ihm am Herzen liegende Öko-Zeitschrift Natur, das Magazin Kosmos, das ostdeutsche Titanic-Pendant „EULENSPIEGEL“, das AOK Magazin Gesundheit & Gesellschaft, verdi-Publik und last but not least die Hamburger Wochenzeitung Die ZEIT, deren heimlicher Hauszeichner er wurde. Zudem arbeitet er für Das Grundblatt, SPAM (auf Spiegel-Online), Die Lebensmittelzeitung und Cicero – seine Illustrationsarbeiten nutzen außerdem das Readers Digest Magazin (wo er eine eigene ganze Seite gestaltet), die Werbeagentur Ogilvy &  Mather, die Unternehmensberater L.B.D. Auch das Schweizer Magazin K-Tipp und das britische Journal The Oldie schmückt BECK mit seinen Bilderwitzen. Seit 2003 hegt und pflegt BECK die Website  www.schneeschnee.de - u.a. mit täglichem Cartoon und Online-Tagebuch. BECK hat  zwei Söhne, ist zum zweiten Mal verheiratet und lebt, nach 20 Jahren Berlin, seit 2003 wieder in Leipzig. Becks wichtigste Kritikerin ist, wie er selber

immer wieder sagt, seine Frau Yvonne Kuschel, ihres Zeichens selber Zeichnerin.

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Fotos: Martin Frenzel (Comicoskop) & ein Bild / Alle: Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de

Am liebsten sitzt BECK, wie er in Interviews verriet, im

Leipziger Café Grundmann, um seinen Lieblingskaffee zu trinken. Als seine Lieblingsbeschäftigung nennt er: Abwarten und Tee trinken. Dann nämlich kann er im Wege einer derart ideenfördernden Vita Contemplativa tun, was er am liebsten tut: Seinen Mitmenschen aufs Maul zu schauen,  sie so demaskieren und ihre Schwächen bloßlegen - anders gesagt: das Groteske unseres Menschenlebens  verhohnepipeln.

Fazit: Eine sehr sehens-, ja, empfehlenswerte Schau, unbedingt besuchswürdig, da  im Frankfurter Caricatura-Museum.

Ein frommer Wunsch: Dass der Alltags-Poet, Limerick-Lakoniker und Gesellschaftsanalytiker BECK sich, was ab und zu bei ihm aufblitzt, künftig verstärkt dem Phänomen PEGIDA, AFD und Rechtspopulismus widmen möge – auf seine Art. Kurz und knapp. Lakonisch. Aberwitzig. Grotesk. Es wäre mal nötig. Der Freiheit und Demokratie wegen. Ansonsten gilt immer noch Mark Twain: Wenn wir bedenken, daß wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt.

 

KMF / Martin Frenzel

Copyright © BeCK / www.schneeschnee.de / Foto: Martin Frenzel (Comicoskop)

Neuester BECK-Wurf: Lebe Deinen Traum-Cartoon-Anthologie / (c) Lappan Verlag &  BECK

Ausstellung im Frankfurter CARICATURA-Museum für Komische Kunst: „BECK“ Eröffnet am 10. Februar 2016           Noch bis 12. Juni 2016 Caricatura museum Frankfurt Museum für Komische Kunst Weckmarkt 17 60311 Frankfurt/Main   Öffnungszeiten: Di – So 11 – 18 Uhr Mi 11 – 21 Uhr, Mo geschlossen Eintritt: 6 Euro / 3 Euro erm.

Martin Frenzel, Gründer, Herausgeber und Chefredakteur des COMICOSKOPS und Autor dieses Ausstellungsberichts, Jahrgang 1964, Sohn eines Dresdners, wohnhaft in Darmstadt, fuhr im Winter 1991, vor 25 Jahren,  im Auftrag eines Verlags als Talent-Scout recherchehalber in den damals noch "wilden Osten" sprach mit der damals aufblühenden ostdeutschen DDR-Alternativ-Comic-Szene in Ost-Berlin ("Renate", "PGH - Glühende Zukunft") und Leipzig. Traf dort den allzu früh ums Leben gekommenen Kenner der ostdeutschen Bildgeschichten-Szene und späteren preisgekrönten STERN-Reporter Volker Handloik. Schon 1990 moderierte Martin Frenzel im Zeichen des Berliner Mauerfalls auf dem Internationalen Comic-Salon die Podiumsrunde "Im Osten viel Neues" , schrieb in "Comic Forum" einen gleichnamigen Artikel.  In den späten 1980er und frühen 1990er Jahren schrieb Martin Frenzel für die damals noch existierende Frankfurter Rhein-Main-Städte-Illustrierte az ("andere zeitung") regelmäßig über Comics (u.a. Porträts/Interviews von/mit Bernd Pfarr, Volker Reiche) und betreute dort auch eine Kolumne Comic des Monats. Für den Frankfurter "Pflasterstrand" von Dany Cohn-Bendit (inzwischen im "Journal  Frankfurt" aufgegangen)  schrieb er ebenfalls über Comics. 1992 kuratierte Martin Frenzel eine umfassende Werkschau mit den Original-Werken Bernd Pfarrs bei den 1.Mainzer Comic-Tagen ("Rhein Main-Festival der Neunten Kunst") im Druckladen des Gutenbergmuseums. Pfarr kam auch zur Eröffnung der Mainzer Comic-Tage im Nov. 1992. Zu den Star-Gästen des Festivals gehörte u.a. auch Cartoon-Legende Robert Gernhardt, der an einer von Frenzel moderierten Podiumsdiskussion im Frankfurter Hof in Mainz teilnahm. Und eine große Manfred Deix-Schau in der damaligen Lampenfabrik gehörte zu den Highlights des von Martin Frenzel organisierten Festivals. Auch der österreichische Star-Cartoonist Deix gab sich damals auf den Mainzer Comic-Tagen persönlich die Ehre.  

caricatura museum Frankfurt: "Schönstes Museum der Welt"

Das Museum für Komische Kunst und die Neue Frankfurter Schule  / Dauerausstellung zu den "Pardon"- und "Titanic"-Machern der Neuen Frankfurter Schule

Das Caricatura-Museum: Präsentierte seit 2008 zahlreiche sehenswerte Wechselausstellungen -  von Bernd Pfarr bis Ralf König, von Reiser über Marie Marcks bis Gerhard Seyfried...  / Foto: (c) Martin Frenzel (Comicoskop)

ACHTUNG: Wer dieses Museum betritt, tut dies auf eigene Gefahr. Er oder sie muss nämlich nicht nur viele Bilder ansehen, denn es gibt auch viel lesen. Komische Kunst ist nämlich nicht zuletzt auch komische, dialogreiche Literatur. Vor acht Jahren, am 1. Oktober 2008, öffnete das jüngste unter den Frankfurter Museen seine Pforten: das caricatura museum frankfurt, im Verband mit dem historischen museum frankfurt. Ihr Leiter Achim Frenz, zugleich Mitherausgeber des Frankfurter Satireblatts TITANIC, nennt es schlicht "das schönste Museum der Welt" - und da ist etwas dran.

Als Museum für Komische Kunst ist es einzigartig in Europa - untermauert den Anspruch Frankfurts, Hauptstadt der Bild-Satire in Deutschland zu sein. Die Anfangseuphorie der Eröffnung hielt an – seit 2008, acht Jahren,  konnte das caricatura museum frankfurt eine Gesamtzahl von mehr als 250.000 Besuchern verbuchen.

Die Idee für das Museum wurde bereits 1999 auf den Weg

gebracht, als Titanic-Zeichner und -Autoren das Projekt gemeinsam mit Vertretern aus der Politik anstießen, allen voran mit dem damaligen cartoon- und comicophilen Frankfurter Kulturdezernenten Hans-Bernhard Nordhoff (SPD). Allein voran Im folgenden Jahr wurde Achim Frenz mit dem Aufbau des Museums beauftragt, das er bis heute leitet.

Mit mehr als 10.000 Originalen beherbergt das caricatura

museum frankfurt die größte Sammlung der legendären Neuen Frankfurter Schule. Die fünf Zeichner F.W. Bernstein, Robert Gernhardt, Chlodwig Poth, Hans Traxler und F.K. Waechter werden in der Dauerausstellung im ersten Stock des

historischen Leinwandhauses präsentiert. Matürlich lief nicht alles wie am Schnürchen: Der Nachlass F.K.Waechters (1937 - 2005) wanderte zum Leidwesen der Frankfurter nicht ins CARICATURA-Museum am Main, sondern ins Wilhelm Busch-Museum Hannover an die Leine. Auch der Nachlass einer Grande Dame der Komisch-Satirischen Kunst, Marie Marcks (1922-2014), wanderte zu den Welfen, nicht zu den Südhessen. 

Wie dem auch sei: Um möglichst viele Bilder der Öffentlichkeit zeigen zu können sowie aus konservatorischen Gründen, tauschen Achim Frenz und sein Team die Zeichnungen alle sechs Monate aus. Im Erdgeschoss des historischen, aus dem 14.Jahrhundert stammenden Leinweberhauses im Windschatten des Frankfurter Doms finden jährlich drei Wechselausstellungen. Die nächste widmet sich Sebastian Krüger, sodann folgt die Crème de la Crème der STERN-Cartoonisten um Tetsche & Co.  2017 feiern zudem Robert Gernhardt und F.K.Waechter posthum 80. Geburtstag. Da darf man schon jetzt mehr als gespannt sein!

"Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche": Das Caricatura-Museum Frankfurt ist - neben den wunderbaren Wechselausstellungen - auch Dauer-Panoptikum der Ikonen der sog. Neuen Frankfurter Schule um Robert Gernhardt, F.K. Waechter & Co. Bilder: (c) Hans Traxler / Caricatura-Museum - Fotos: (c) Martin Frenzel (Comicoskop)

Hans Traxlers selbstironischer Blick auf die Neue Frankfurter Schule / (c) Hans Traxler

Loading

Kontakt:

Comicoskop-Redaktion

c/o z.Hd. Martin Frenzel

Heidenreich- str.39

64287 Darmstadt

Mail: redaktion

@comicoskop.com oder martin.

frenzel@

comicoskop.com