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30 Jahre Erlanger Comic-Salon (1984 - 2014)

Erscheint pünktlich als Preview-Brochüre zum Erlanger Jubiläums-Comic-Salon: Martin Frenzels Publikation "30 Jahre Comic-Kultur für alle" - im Herbst 2014 als Buch Cover: Ingo Milton
Erscheint pünktlich als Preview-Brochüre zum Erlanger Jubiläums-Comic-Salon: Martin Frenzels Publikation "30 Jahre Comic-Kultur für alle" - im Herbst 2014 als Buch Cover: Ingo Milton

Die Wikinger kamen nach 22 Jahren wieder nach Erlangen

Nach der 1992er Comic Eldorado Dänemark-Ausstellung pilgerte im Juni 2014 wieder eine größere Dänen-Delegation nach Erlangen

Hommage auf den Erlanger Comic-Salon: Der dänische Ligne Claire-Könner Frank Madsen gratuliert zum 30jährigen des deutschen Comic-Festivals.


Genau 22 Jahre nach der von Martin Frenzel kuratierten Ausstellung „Die Wikinger kommen: Comic-Eldorado Dänemark – Von Storm P. bis Peter Madsens Walhalla“ (in Zusammenarbeit mit Anders Hjorth Jørgensen und Carsten Søndergaard) kam zum diesjährigen Jubiläums-Festival im Juni 2014 wieder eine größere Dänen-Delegation aus dem hohen Norden nach Erlangen. Mit von der Partie sind zehn glückliche Gewinner eines Förderstipendiums der dänischen Comiczeichner-Vereinigung, die wiederum vom dänischen Kulturministerium unterstützt wird. Eine Jury, zu der der deutsch-dänische Comicforscher und Kenner der dänischen Comic-Szene Martin Frenzel aus Darmstadt gehörte, hatte bereits im April 2014 die zehn besten Arbeiten ausgewählt. Zur dänischen Delegation gehören der franco-dänische Zeichner Thierry Capezzone (bekannt durch seinen Hans Christian Andersen-Comic und Veröffentlichung in „ZACK“), Søren Mosdal und der sich historischen Comic-Stoffen unter anderem im Mittelalter-Milieu, à la Umberto Ecos „Der Name der Rose“ widmende Ingo Milton (Skalken Joff). Ebenfalls mit von der Partie sind Lars Jakobsen (Humorserie „Ganske vist“ mit lauter Hühnern, dt. etwa: Das ist wirklich wahr; und die Detektivserie „Mortensens Mondæne Meritter“, dt. etwa Mortensens Mondäne Meriten) sowie die beiden Jung-Talente, Ina Korneliussen und Tatjana Goldberg. Einer der besten Ligne Claire-Zeichner in Europa ist zweifelsohne Frank Madsen (Detektivserie im Hergé-Stil „Kurt Dunder“). Zusammen mit seiner Frau, der nicht minder bekannten dänischen Comic-Zeichnerin und Altägypten-Kennerin Sussi Bech (Ägyptologische Serien „Nofret“, die bereits im Comic-Mekka Frankreich, Belgien, den Niederlanden und sogar in Indonesien reüssierten, ferner „Aida Nur“ und „Zainab“) hat er zudem die treffsichere Satire-Comicserie über die dänische Verlagsbranche „Eks Libris“ für die Literaturbeilage der dänischen Zeit“, der „Weekendavisen“ geschaffen – sie zeichnet, er schreibt den Text.

Leider in letzter Minute verhindert: Das Urgestein der dänischen Comic-Szene ist der dänische, in den USA lebende Zeichner Werner Wejp Olsen (Jahrgang 1938; Serien wie Momsemor/Granny & Slowpoke, Dick Danger, zahlreiche Arbeiten für Disney), aber auch eine Weile lang Fortführung von Jan Lööfs Detektiv-Serie und skandinavischer Antwort auf „Tim und Struppi“/Tintin, „Felix“, dt. „Paul“).

Last but not least gab Johan F. Krarup („Uoplyst Optimisme“, dt. Unaufgeklärter Optimismus, „Episk fejl“, dt. Epischer Fehler) in der fränkischen Hugenottenstadt ein Stelldichein. „Wir sind mit einem eigenen Stand in Erlangen präsent und hoffen, viele deutsche Comic-Verlage von der Qualität dänischer Comic-Kultur zu überzeugen. Man soll uns Dänen, wie im Fußball, nicht unterschätzen“, so Organisator Ingo Milton. Ein besonderes Schmankerl: Eine eigens für Erlangen von Martin Frenzel aus dem Dänischen übersetzte Kurzgeschichte aus der Feder des Comic-Künstler-Ehepaars Frank Madsen/Sussi Bech. Deutscher Titel der ein wenig frivolen, aber auch fröhlichen Katzenjammer-Geschichte: „Der Mausekater mit den großen Klickern“ – ein wenig die sanfte dänische Antwort auf Robert Crumbs legendären Underground-Comic „Fritz the Cat“...

1992 waren die dänischen „Altmeister“ Peter Madsen („Walhalla“), Niels Roland („Zeit der Abrechnung“) und der inzwischen verstorbene W.C.Fields des dänischen Comics, der blinde (!) Zeichner und Schriftsteller Rune T. Kidde dabei, der sich seinerzeit angeregt mit Freund Gerhard Seyfried angeregt unterhielt, aber auch Ingo Miltons großer Bruder Freddy Milton (Familie Gnuff, Disney-Arbeiten) und Ole Comoll Christensen (Der Dimensionsdetektiv). Wallhalla-Zeichner Peter Madsen hielt einen Lichtbilder-Vortrag über seine Comic-Serie „Valhalla“ (dt. „Walhalla“) und die illustre Runde klärte das staunende deutsche Publikum übers unbekannte nordeuropäische Comic-Eldorado Dänemark bei einer von Martin Frenzel moderierten Podiumsdiskussion auf. Die Ausstellung zeigte auch, dass deutsch-dänische Querverbindungen eine lange Tradition haben: So hatte die Kopenhagener Agentur P.I.B. (Presse Illustrations Bureau), ein der wichtigen Vertriebsinstitutionen für Zeitungscomics und Rivale der schwedischen Schwester Bulls Pressedienst, ihr Entstehen im Jahre 1899 dem Wirken einer gewissen Familie Carlsen zu verdanken und hatte zu Kaisers Zeiten sogar eine Berliner Dependance. Aus P.I.B. ging auch 1942 Illustrationsforlaget (der Illustrationsverlag), später Carlsen if und noch später der Carlsen Verlag hervor. Es war denn auch Per Carlsen, der „Rasmus Klump“ (dt. „Petzi“), die „Pixi“-Bücher für Kinder und „Tintin“ (dt. Tim und Struppi) nach Deutschland brachte. Heute noch – obwohl das Unternehmen inzwischen in Dänemark zu Egmont gehört und seine Comic-Reihen beim neuen Cobolt Verlag erscheinen, und Carlsen, was Deutschland betrifft, dem schwedischen Bonnier Konzern gehört – gilt der Carlsen Verlag heute noch als einer der wichtigsten Comic-Verlage im deutschen Sprachbereich. Mehr noch: Das dänische Verlagshaus Gutenberghus gründete 1951 zu Ehren seines Gründers Egmont H. Petersen den Ehapa-Verlag Stuttgart. Man kann sagen: Die Dänen brachten den West-Deutschen nach 1945 die „Micky Maus“, Donald Duck, der 2014 seinen 80. Geburtstag feiert, und all die andern Figuren des Disney-Universums. Spuren der dänischen Urheberschaft fanden sich vor Beginn der Ära Dr. Erika Fuchs in der „Micky Maus“: So hießen Tick, Trick und Track – Donalds Neffen – anfangs noch im dänischen Original – Rip, Rap und Rup… Daraus entwickelte sich nachgerade die größte Jugendzeitschrift der Welt. Auch heute noch ist die Egmont-Gruppe in Berlin und Köln – der Standort Stuttgart wurde preisgegeben – einer der wichtigsten deutschen Comic-Verlage. Und: In den 1950er Jahre schrieb der dänische Comic-Verlag Carl Aller mit Filialsitz in Hamburg ebenfalls bundesdeutsche Comic-Geschichte.

Diese Präsentation „Die Wikinger kommen: Comic-Eldorado Dänemark“ stieß damals, 1992, auf ungemein positive Resonanz, u.a. in der „Süddeutschen Zeitung“. Jetzt, zum Jubiläums-Salon 30 Jahre Comic-Salon Erlangen“ kommen die „Wikinger“ wieder in den wilden Süden. Motto: The Danish Show must go on…Georg Brandes, der große deutsch-dänische Botschafter des 19. Jahrhunderts, Kämpfer gegen Antisemitismus und Entdecker Nietzsches, hätte an diesem Kulturaustausch der besonderen Art wohl seine helle Freude gehabt.


KMF

Hommage an den Erlanger Comic-Salon: Die dänische Comic-Ägyptologin Sussi Bech mit ihrer Figur "Nofret"...

Kamen zum Erlanger Jubiläums-Comicsalon 2014: FRank Madsen (Ligne Claire-Detektivcomic "Kurt Dunder"), Ingo Milton (Historische Abenteuercomics) und Sussi Bech (ägyptische Semiufunny-Comics wie "Nofret").

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