Memories of... Ham(ma)burg?! Genau, denn dort war (und ist) der Sitz des Verlags Gruner+Jahr (inzwischen RTL), bekannt für bunte Magazine, der
ursprünglich vom 13. Oktober 1975 an YPS herausgab (mit einem Sommer-Vorlauf zur Probe nur in Hessen im Sommer 1975), eben als: vom französischen Vorbild PIF Gadget adaptiertes Comic-Magazin,
also zum G+J-Sortiment durchaus passend. Kommunistisch wie das Original PIF Gadget war YPS nie, allenfalls, dem Zeitgeist folgend, sozialliberal...
Und nun, ein halbes Jahrhundert später, erscheint dies beim Nachfolge-Verlag Egmont-Ehapa: Neben einer plastikgeschweißten Doppel-Ausgabe in unterschiedlichem Auftreten (und mit Entscheider-Dartscheibe als Gimmick, hier im Band S. 176 abschließend miteinander abgebildet) wartet der neue Yps-Verlag mit einem Sammelband auf: Ein Parforceritt durch fünf Jahrzehnte YPS-Historie in Etappen, ausgebreitet durch den norddeutschen Comic-Experten Volker Hamann.
Ein durchaus holpriger Weg, den das hauptsächlich rein westdeutsche YPS-Magazin da gegangen ist, mit wiederkehrenden Unterbrechungen – und resilientem erneuten Aufstehen (statt mir in den Sinn gekommenem „Wieder-Auferstehen“, das wäre a bissal blasphemisch, oder?)...
Was in der „Jubiläums-No.“ 1284 mit einigen Leseproben nur angedeutet wird, kann die Leserschaft hier in ausgiebigen (Komplett-)Storys genießen, etwa – wie einst in den 1970ern – die frankobelgische Funny-Perle „Robin Ausdemwald“ (S.88ff.) von Turk/Degroot, in Frankreich/Belgien einer der Jugendcomic-Klassiker, natürlich eine Robin Hood-Persiflage – zwar für mich neu, wie manch anderer der im Band vereinigten Comic-Geschichten.
Und dann jenes Leit-Tier [Abb. 2], das vielleicht gar Marc-Uwe Kling zu seinen entsprechend „Känguru-Chroniken“ benamsten Strips inspiriert haben mag (seit 2009 zusammen mit Zeichner Bernd Kissel), wenn da auch die Hoch-Zeit des Magazins schon lange vorbei war: Wer weiß, klingt naheliegend: „YPS mit Gimmick - allein die Erinnerung an das Comicheft mit dem lila-karierten Känguru [hier ausgiebig S. 171ff. geboten] lässt Nostalgiker-Herzen höherschlagen.
BR2-Reporter Markus Kaiser: (...)
"Für den Comicforscher Martin Frenzel war das erste Yps-Heft vor 50 Jahren eine Offenbarung. "Westdeutschland war damals eine arge Comic-Wüste", sagt Frenzel, "in dieser Zeitschrift konnte man richtige frankobelgische Comic-Perlen lesen." Neben Asterix und Lucky Luke waren das für ihn die Western-Geschichte um Buddy Longway von Derib oder "Die Indianer" von Hans G. Kresse.
Yps-Comeback nicht in Sicht
Die Konkurrenz zu Yps war in seiner 25-jährigen Erfolgszeit nicht groß: Die Beilagen im Micky-Maus-Heft waren meist Papp-Basteleien und längst nicht so üppig wie die Yps-Gimmicks. Mit dem Ende von Yps im Jahr 2000 begann der Boom der Plastik-Heftbeilagen, der bis heute anhält, beobachtet Claudia Heigl, deren Eltern bereits den Bahnhofskiosk in Freising führten.
Heute sind diese Hefte monothematisch an bestimmte Marken wie "Wickie", "Die Maus" oder "Die drei Fragezeichen" gebunden, bei Yps waren die Comics bunt durchgemischt. Die Neuauflage, die von 2012 bis 2017 in kleinerer Auflage angeboten wurde, konnte nicht an den früheren Erfolg anknüpfen. "Die heutige Generation fährt eher auf Mangas ab", sagt Comic-Forscher Martin Frenzel. " (...)
Hannes (eigtl. Johannes) Gerber war der Vater des Kängurus YPS, zeichnete seine Serie "Yps & Co von der ersten Ausgabe 1975 bis zur Ausgabe 87 die Abenteuer um Yps, Kaspar, Patsch und Willy...
In einem Interview mit YPS Fan Forum sagte Gerber: "Design blau-grün mit Karree stammt von mir. Das Känguru war von Anfang an die Leitfigur für das Comic-Heft. Da das Gimmick das wesentlichste Unterscheidungsmerkmal zu anderen Kinder-Comics war, musste es ein Tier mit einem "Behältnis" sein (Beutel, Tasche o.ä. - "Beutelratte" erschien uns zu grimmig...). Daher ein Känguru. Der Gedanke wurde in einem Gespräch zwischen Herren Hinze (Chefredakteur) und mir geboren." Und zu den Nebenfiguren Maus Kaspar, Vogel Willy und Frosch Patsch: "Die Nebenfiguren sollten möglichst viele Elemente bespielen können (entsprechend dem großen Gimmick-Angebot - Luft, Wasser, Erde. Die Entwürfe und Namen stammen von mir."
(.....) "Die Comic-Abläufe entstanden meist in einem Gespräch zwischen Hinze und mir und die Story war aus der Gimmick-Funktion gegeben."
Hannes Gerber studierte nach einer Lehre zum Schriftsetzer Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Seit den 1950er Jahren arbeitete er als Werbegrafiker, Comic-Zeichner und Kinderbuch-Illustrator. In seinen schwarz-weiß-roten Illustrationen gab er der Kinderbuch-Figur Kommissar Isidor Kugelblitz über viele Jahre ein lebendiges und liebeswertes Gesicht. Hannes Gerber, in einem kleinen Dorf im Erzgebirge geboren, studierte Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Neben Cartoons und Comics für Zeitungen, Kalender und Filme hat er zahlreiche Kinderbücher für verschiedene Verlage illustriert. Er lebte zuletzt auf Mallorca. Hannes Gerber starb 2016.
Wer erinnert sich nicht an Urzeitkrebse,“ sogar ich, (siehe oben *) der ich nur vereinzelt ein YPS in der Hand gehalten habe – dann allerdings tatsächlich die Zwischendurch-Wiederaufleb-Ausgabe 1283 im August 2022 mit erneut eben denen – „...Edelsteinsand und Mülltü... ähem, Solarzeppeline?
Ganz zu schweigen von den Comics - frankobelgischen Starzeichnern wie Derib, Turk und Tabary, Uderzo/Goscinny, Dupa und Macherot… oder Hollands Altmeister Hans G. Kresse mit "Die Indianer" waren im Heft ebenso vertreten wie deutsche Künstler wie der gute, viel zu wenig gewürdigte Heinz Körner mit „Yinni und Yann“.
Zum 50-jährigen Jubiläum der YPS-Erstausgabe (mit dem Schleuderkatapult) erscheint dieses Best-of-Buch mit einer Auswahl der klassischen Comics der 1970er und 1980er und einem erhellenden redaktionellen Teil, der die YPS-Retro-Historie von 1975 bis heute auszuleuchten versucht.
Hamann ist fraglos ein Kenner der Materie – und seine YPS-Geschichte bietet das eigentliche Highlight des neuen YPS-Sekundärbands. All das wird mit den gebotenen Comic-Strecken direkt verzahnt: Zur „Theorie“ also gleich die „Praxis“, da geht den YPS-Comic-Fans von ehedem vermutlich das Herz auf ... Etwa zum Thema „Eigen-Produktionen“ (S. 130ff.) neben den vielerlei frankobelgischen Storys wie etwa Buddy Longway, Asterix & Obelix, Umpah-Pah, Cubitus, Isnogud, oder Percy Pickwick und Robin Ausdemwald, all das kommt ebenso informativ wie unterhaltsam daher. Fazit: Ein insgesamt gelungenes YPS-Sekundärwerk zum 50jährigen Jubiläum und zu einem bemerkenswerten Stück westdeutscher Comic-Retro-Kultur-Geschichte.
Paradoxerweise übernahmen die Hamburger die Magazin-Mix-Idee aus Comic & Gimmick/Gadget zwar vom legendären, von der Kommunistischen Partei
Frankreichs (KPF) herausgegebenen PIF Gadget die Grundidee, aber außer dem Hundecomic Pif und Herkules, kaum etwas an guten PIF-Comics – weder Paul Gillon, André Cheret (kam erst bei Bastei zum
Zuge: Seine Steinzeitcomic-Serie „Rahan“) oder gar Hugo Pratt… auch keinen Raymond Poivet geschweige denn Mandryka oder Gotlib… die allermeisten der in YPS gedruckten frankobelgischen
Comic-Klassiker stammten gerade eben nicht (!) aus der Vorlage PIF, obwohl PIF in seiner Blütezeit ein Füllhorn hochkarätiger Comics bot… da hätte man sich nur bedienen brauchen. Selbst die
Indianer-Serie „Schwarzer Wolf“ von Jean Ollivier (Text) und Kline (Zeichnungen) blieb in YPS unveröffentlicht, kam auf Deutsch statt dessen bei Bastei…Warum bloß gingen die Leute von Gruner +
Jahr in Sachen PIF-Comic-Übernahme nicht in die Vollen? Auch 50 Jahre danach ein absolutes Rätsel... stattdessen kaufte Hannelore Müller-Scherz frankobelgische Serien z.B. bei Lombard
(Comic-Magazin "Tintin") ein... PIF-Serien wie Rahan oder Raymond Poivets Meisterwerk ließ man schnöde links liegen...dabei hätte dies das Comic-Niveau von YPS noch mehr aufgewertet... Eine
vertane Chance...
So kommen denn auch eher zweit- und drittklassige Western- und Dschungel- sowie Weltraum-SciFi-Comics zum Zuge, die naturgemäß a bissal an sattsam bekannte Vorbilder erinnern, wie Wangaroo an Tarzan oder Captain York an Hansrudi Wäschers Nick (und weitere Piccolos der 1950er und 1960er Jahre)...
Trotz alledem: Vielfalt an Themen, Zeichenkunst und Quellen einerseits also, ähnlich in Figuren und Layout-Auftritte – war wohl das, was ein so rein westdeutsches Comic-Magazin wie YPS besonders auszeichnete, inklusive Kurz-Comics wie eben YPS & Co. oder die „Moderation“ der Gimmicks etwa durch den Comic-Hund Pif.
Die Kombination aus redaktionellem Teil und Comic-Inhalten bei der klassischen Micky-Maus wie auch den ost- und später gesamtdeutschen Mosaikschen Abrafaxe-Heften, Leser-Club und weitere aktivierende Elemente hatte zweifelsohne einen Vorreiter – und das war YPS.
Klar werden dürfte vor allem dies: Nostalgie wird den heutigen Erfolg neu aufgelegter früherer Magazine (bzw. Serien) ausmachen, publiziert primär für jene Käuferschaft der YPS-Boomer-Generation, die vor Jahrzehnten in einem passenden Alter waren – und nun auch zu Neuem greifen. Die Manga- und Tiktok-Generation Z wird sich aber wohl kaum durchs Retro-YPS hinterm Ofen hervorlocken lassen…
Retro-YPS, das schon, aber gelingt, wie der Schreiber dieser Zeilen meint, erstaunlich gut, das Gebotene ist jedenfalls mehr als nur Alter Wein in neuen, Schläuchen“…
Doch mögen YPS-Interessierte sich schlicht selbst davon überzeugen, von dieser feinen Hardcover-Ausgabe, u.a. mit des YPS-Karos im Vorsatz... Bleibt nur noch: Wie wird‘s weitergehen, mit dem Retro-YPS-Magazin à la Egmont-Ehapa (plus Gimmick)? Nun, das wird schlicht vom Verkaufs-Erfolg zunächst einmal der Jubiläums-Doppel-Ausgabe abhängen, soviel ist klar: Daumen drücken & Hefte holen ...
Klar ist auch, das Goldene YPS-Zeitalter der 1970er und 1980er mit Massenauflage ist ein- für allemal vorbei, diese Zeit wird nicht mehr
wiederkommen, so wie auch der Hefte-Markt von einst (von Bessy bis Gespenstergeschichten, Silberpfeil, Wastl, Felix bis Buffalo Bill unwiederbringlich verschwand. Egmont-Ehapa hat nach eigenem
Bekunden nicht vor, das YPS-Heft in der alten Form wiederzubeleben. Nur die Erinnerungen an die gute, alte westdeutsche YPS-Zeit, die bleibt YPS-Liebhaberinnen und Liebhabern für immer. Aus
diesem Paradies lassen sich hartgesottene YPS-Fans nicht vertreiben…warum auch?
Hanspeter Reiter (HPR)
COMICOSKOP-Redakteur Hanspeter Reiter, Autor dieses 50 Jahre YPS-Comicoskop-Essays, nennt in unserer Redaktion das Spezialgebiet "Deutsche Comic-Kultur" sein eigen. Der Münchner, Jahrgang 1953, lebt nach vielen Berufs- und Lebensjahren in Köln, nun wieder in der Heimat, ganz nahe bei München... "HPR" schreibt auch gerne und häufig über den deutschen Comic-Markt, die Verlage und über deutsche Comic-Geschichte (Rubrik: Comics made in Germany). Die Frankfurter Buchmesse ist sein Mantra. Da mischt er auch als COMICOSKOP-Vertreter in der neugegründeten IG Comic beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit. Zudem gilt er mit Abstand als hurtigster Rezensent der COMICOSKOP-Redaktion, schreibt Besprechungen wie aus der Pistole geschossen - ähnlich flink wie "Lucky Luke"...